Blutrache

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2006
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Blutrache
Blutrache
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Carsten Kuhr
20°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2006

Was die Welt braucht - oder die Orks sind zurück

Da hat sich unsere wackere Truppe der Vielfraße ihre Belohnung doch wahrlich redlich verdient. Wir erinnern uns an den ersten Band, in dem Nicholls uns von dem Schicksal der gefürchtetsten Söldnertruppe der Hexe Jennesta berichtet hatte.

Auf der Suche nach den Artefakten, magischen Kleinodien, mit deren Hilfe man in andere Dimensionen reisen kann, haben sich unsere Kämpfer von ihrem Sklavendasein befreit, haben sich in Blut und Eingeweiden watend mit Schwert, Axt und Kampfstab durch Heere von Gegnern gekämpft, Magier und Hexen besiegt, um endlich auf einem paradiesisch friedlichen Planeten Ceragan eine neue Heimat für sich zu finden. Und das Beste daran, dort gibt es keine Zwerge, keine Hexen und keine Menschen - Herz was willst du mehr? Ja, was willst du mehr?

Einige haben sich Familie zugelegt, andere raufen in den Wirtshäusern, aber man kann schlechtweg nicht übersehen, dass es den Vielfraßen langweilig ist. Als der Zauberer Arngrim sich meldet und ihnen mitteilt, dass ihre alte, längst vom magischen Strudel zerrissen geglaubte Besitzerin, die Hexe Jennesta nicht nur am Leben ist, sondern erneut finstere Pläne hegt und Orks versklavt, hat Befehlshaber Stryke keine Schwierigkeiten, die alten Kameraden zu reaktivieren. Nur zu bald stehen die Vielfraße einmal mehr bereit, ihren Kopf im Kampf gegen die teuflische Hexe zu riskieren.

Auf dem Planeten Acurial hat eine Plage die Orks niedergeworfen - eine Plage, die Stryke und seine Getreuen nur zu gut kennen, eine Plage, die da heißt - Mensch. Die Orks wurden unterworfen, Widerstand regt sich kaum. Das gibt es doch nicht, eine Schande für die Gattung Ork, und so macht Stryke sich auf, seinen Artgenossen das Kämpfen zu lehren...

Ein lauer Aufguss eines Bestsellers

Stan Nicholls Roman um die streitkräftigen, derben und doch irgendwie liebenswerten Streiter löste vor fünf Jahren eine ganze Welle von Nachfolgebänden aus. Die Völkerromane um Zwerge, Elfen, Trolle, Goblins, Halblinge und Co eroberten die Bestsellerlisten. Kein Publikumsverlag, der nicht auf diese Karte setzte und entsprechende Erfolge einheimsen konnte. Millionen von Fans verfolgten über die Jahre die Abenteuer der Völker Tolkiens, wurden mehr oder minder originell und kurzweilig unterhalten. Da überrascht es wenig, dass auch der Auslöser des Trends sich erneut an die Tastatur setzte und sich eine Fortsetzung zu einem Blockbuster einfallen ließ.

Kein in sich abgeschlossener Roman ist es geworden, sondern der Auftakt zu einer Serie erwartet den Leser in einem Satzspiegel, der selbst meiner Oma das Aufsetzen der Lesebrille erspart hätte. Nicholls selbst hat es sich nicht unbedingt einfach gemacht. Am Ende des ersten Romans (hierzu ist anzumerken, dass für die deutsche Ausgabe eine Trilogie in einem Band zusammengefasst wurde) hatte er seine Handlung zu einem befriedigenden Abschluss gebracht. Das Finale bot Gelegenheit, nochmals alle Register um die ungewöhnliche Zeichnung um »eines der düstersten Tolkien-Völker« - wie die Verlagswerbung den Band pries - zu ziehen und den Leser nach einer rundum gelungenen, sauber strukturierten Geschichte befriedigt zurückzulassen.

Entsprechend bot sich der Auftakt vorliegenden Romans dann doch eher lau an. Nichts mehr ist verblieben von der frechen, vorlauten und packenden Erzählweise des ersten Teils, statt dessen erwartet uns derber Hau-Ruck-Klamauk, der mich das Gesicht eher gequält als vor Lachen verziehen ließ. Dabei sind die Ingredienzien dieselben wie im umjubelten ersten Band. Erneut setzt der Autor auf Sword & Sorcery pur, das ganze humorvoll verpackt in die Beschreibung ganz eigener Dickköpfe, die sich ihren Weg durch einen See voller Blut und Leiden freikämpfen müssen.

Doch genau bei diesen Dickköpfen fängt es an. Keiner von den Protagonisten entwickelt sich fort, die Rollen sind wie bei einem alten Laurel und Hardy-Film fast schon statisch zu nennend besetzt. Dazu gesellen sich dann neue, stereotyp und damit letztlich langweilig gezeichnete Personen. Ein feiger Ork-Barde, der ein schlechter Abklatsch eines Troubadix darstellt, ein gewissenloser, habgieriger Menschenhändler und sein Leibwächter sowie die Beschreibung einer Orkzivilisation, die ihren Kampfeswillen, ihre Selbstachtung auf dem Altar des Wohlstands und Friedens geopfert hat. Das vermag nun wirklich keine Katze hinter dem Ofen hervorzulocken. Wo bleibt die frische, temporeiche Erzählweise des ersten Bandes, wo die liebevoll ausgestalteten Besonderheiten der Protagonisten, wo die Ironie und der Humor, der Band eins so aus der Masse der Veröffentlichungen heraushob?

Blutrache liest sich, ich kann es nicht anders ausdrücken, zäh, lässt jegliche Spritzigkeit und Originalität vermissen, bietet einen mehr als lauen Aufguss ausgelutschter Fantasy-Themata und weckt keinen Appetit auf die in Aussicht gestellten Fortsetzungen.

Blutrache

Stan Nicholls, Heyne

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