Die Musik der Stille (Lose Erzählung aus der Königsmörder-Chronik 1)
- Der Hörverlag
- Erschienen: März 2015
- 5
Ein Roman wie eine Liebeserklärung an einen besonderen Buchcharakter
Wer Patrick Rothfuss Königsmörder-Chronik kennt, von der bisher zwei Bände (in Deutschland drei, da der zweite Band geteilt wurde) erschienen sind, kennt Auri bereits. Die Musik der Stille ist nicht der dritte Band der Reihe, sondern ein Ergänzungsband, der dem Leser Auri mitsamt ihren Besonderheiten nahebringt. Um den Roman verstehen und genießen zu können, sollte man unbedingt die bisher erschienenen Bände der Trilogie schon kennen.
Auri erwacht eines Tages und ist sich sicher, bald Besuch von Kvothe zu bekommen. Darauf muss sie sich vorbereiten, vor allem benötigt sie ein passendes Geschenk für ihn. Der Roman erzählt von Auris Tagen vor dem erwarteten Besuch.
Auri ist besonders, ihre Besonderheit zu vermitteln, gelingt dem Autor sehr gut. Auri lebt allein im Unterding, unter der Stadt, dort kennt sie sich gut aus, hat die ihr bekannten Räumen benannt, kennt aber noch lange nicht alle. Dinge und Räume sind für Auri nicht leblos, für Auri haben sie Eigenschaften und Bedürfnisse, da gibt es z. B.:
"einen Ort, der es wagte, ganz er selbst zu sein" (S. 37)
oder eine "schüchterne" Tür (ebenda), einen Willen, vielleicht sogar eine Seele. Deshalb muss auch alles "richtig" sein, "richtig" gemacht werden, alles muss stimmen.
Auri hat gute und auch schlechte Tage, in der Regel erkennt Auri schon beim Aufwachen, was für ein Tag sie erwartet. So gibt es z. B. Findetage, an denen Auri neue Dinge finden kann, womöglich sogar neue Räume. Es gibt aber auch schlimme Tage, an denen alles schief geht oder an denen Auri einfach nur traurig ist:
"Am dritten Tag weinte Auri" (S. 89)
An schlechten Tagen verliert sie die Welt und braucht hin und wieder einen Anker, dann merkt man auch, wie einsam Auri sein muss. Der Leser ist sehr schnell in Auris Emotionen gefangen, freut sich und leidet mit ihr. So übertragen sich auch Auris Gefühle für Dinge und Räume auf den Leser und so kann auch ein Zahnrad als Persönlichkeit wirken.
Nicht nur Auri, auch das Unterding lernt man dadurch besser kennen. Auri ist allerdings nicht auf das Unterding fixiert, sonst hätte sie Kvothe auch gar nicht kennen lernen können, es gibt auch Tage, an denen sie oben herumschweift, dort womöglich Dinge gegen passende aus ihrem Besitz austauscht oder auch etwas in Ordnung bringt.
Bereits in seiner Vorbemerkung warnt der Autor vor dem Buch. Nicht nur, weil man die Vorgängerbände kennen sollte, sondern auch, weil es "anders" ist. Anders ist es sicher, es hat nur eine einzige Protagonistin, zudem eine, von der man nicht unbedingt erwartet, dass sie eine ganze Geschichte tragen kann. Auri ist, wie der Roman, anders, aber gerade das macht die Brillianz des Romans aus. Und tatsächlich ist der Roman richtig gut, Auris Leben ist alles andere als langweilig, als Leser kommt man ihr sehr nahe, sieht sie mit ganz anderen Augen, und trennt sich nur schwer wieder von ihr. Möglicherweise ist der Roman wirklich nicht für jeden geeignet, sondern vor allem für Menschen, die auch ein bisschen anders, und mit reichlich Phantasie ausgestattet sind - aber sind wir Phantasik-Leser das nicht alle?
Die Geschichte ist angereichert mit Schwarz-Weiß-Illustrationen, die der Band auf Grund der gelungenen Beschreibungen des Autors gar nicht gebraucht hätte, die aber dennoch zur Atmosphäre des Romans beitragen.
Chapeau an den Autor für diese wunderbare, poetische und berührende Geschichte, die Kvothes Welt bereichert, und den Leser gespannt auf ein Wiedersehen mit Auri im nächsten Chronik-Band warten lässt. Dieses Buch ist ein wahres Lesehighlight!
Patrick Rothfuss, Der Hörverlag
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