Sie kommen!
- Goldmann
- Erschienen: Januar 2013
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Misslungener Einstieg in das Horror-Genre
Die Welt befindet sich derzeit im Zombiefieber. Die Walking Dead Comic- und TV-Serie, Kinoerfolge wie die Dawn of the Dead – Reihe von George Romero, Shawn of the Dead oder Zombieland als Vertreter der eher satirisch anzusehenden Varianten – keine Frage, alles was zu diesem Thema geboten wird, wird visuell verschlungen.
So scheint es nur logisch, dass gerade auf der Welle des Erfolgs von The Walking Dead auch literarisch versucht wird mitzusurfen.
So auch der vorliegende Roman mit dem Titel Sie kommen von Madeleine Roux. Dieser beschreibt mit Hilfe von Blogeinträgen der Protagonistin Allison Hewitt die Welt während und nach der Zombieapokalypse. Als Mitarbeiterin in einem Buchladen gelingt es ihr, sich zusammen mit anderen Mitarbeitern und Bekannten in diesem erfolgreich zu verschanzen und gleichzeitig Zugang zu einem militärischen Zweig des ansonsten größtenteils zusammengebrochenen Internets aufzubauen. Dies ermöglicht ihr, sich mit anderen Überlebenden auszutauschen und gleichzeitig uns, den Lesern, in dieses Szenario einzutauchen, um sie auf ihrer Reise durch diese Welt zu begleiten.
Steht zu Beginn des Romans noch der reine Überlebenskampf im Vordergrund, so legt sich im Verlauf der Erzählung der Fokus eindeutig auf das Zwischenmenschliche. Der Horror des Zerfalls der menschlichen Zivilisation bildet nunmehr lediglich den Rahmen für alle Facetten des menschlichen Seins, ohne dabei die Grenzen der herrschenden Moralvorstellungen zu überschreiten, ganz im Gegensatz zu The Walking Dead wo kontinuierlich die Grenzen ausgelotet werden.
Der Aufbau des Romans entspricht dabei dem typischen Zombieszenario: Eine Seuche bricht aus, Zombies tauchen auf, scheinbar ausweglose Situation, Entkommen, Hoffnungsschimmer, Unglück, Happy End (oder auch nicht).
Bedauerlicherweise wird dem Roman bereits auf den ersten 2 ½ Seiten viel von seiner möglichen Spannung genommen. Als Leser erfährt man, dass die Protagonistin als Gründerin eines neuen Bundesstaates ca. 100 Jahre nach dem Verfassen ihres Blogs posthum geehrt werden soll.
Folglich ist keine der im weiteren Verlauf geschilderten Situationen wirklich bedrohlich. Wie kann man als Leser mit der Protagonistin leiden und mitfiebern, wenn das Ende des Romans bereits vorweggenommen wurde? Und dies ist nur eines der vielen Probleme des Erstlingswerkes von Madeleine Roux. Grundsätzlich bietet sich für diese Art eines Horrorromans entweder eine realistische oder eine komisch, satirische Darstellung an. Versucht man sich an der goldenen Mitte, führt dies zu Problemen wie auch in Sie kommen!.
Madeleine Roux versucht einerseits die Ausweglosigkeit durch die ausgebrochene Apokalypse realistisch darzustellen, beispielsweise durch die Fäkalienentsorgungsproblematik in geschlossenen Räumen, stellt andererseits aber den eigentlichen Schrecken, die Zombies, wenig bedrohlich dar. So werden Dutzende von ihnen im Verlauf der Geschichte durch Allison beinahe beiläufig mit Hilfe einer Axt erledigt. Eben noch eine Buchhändlerin, im nächsten Moment wird zielgenau und ohne jeden Schweißausbruch ob der Anstrengung die gesammelte Zombieschar hinter der nächsten Ecke beseitigt. Auf der anderen Seite: Warum auch nicht, scheinen die Zombies doch mit einer gar übermenschlichen Langsamkeit gesegnet zu sein – unwillkürlich fragt man sich als Leser an dieser Stelle, wie es zu so vielen Opfern, beziehungsweise einer Beinahe-Apokalypse kommen konnte.
Darüber hinaus scheinen die meisten auftretenden Personen allesamt eine herkulesgleiche Konstitution aufzuweisen. So werden trotz voll beladenen Zustands wahre Volksläufe durch die Stadtkulisse veranstaltet, die jeden Marathonläufer vor Neid erblassen lassen, Golfschläger mutieren zu wahren Zombievernichtungsutensilien und eine Lovestory darf im Verlauf der Geschichte natürlich auch nicht fehlen. Die Autorin schwankt von einem Extrem ins andere, scheint sich nicht für eine Richtung der Erzählung entscheiden zu können.
Auch die Erzählweise selbst, welche durchaus einen interessanten Ansatz bietet, hat mit der Idee eines Blogs letztlich nur wenig gemein. Eine Gegenwarts-Ich-Erzählung als Blog, welcher eigentlich als chronologisches Tagebuch zu verstehen ist, entwickelt ein Problem der Zeitformen und wirkt in sich dadurch wenig schlüssig lesbar und reißt den Leser bei jedem Kapitelabschluß durch die Tempi-Wechsel aus dem Lesefluss.
Letztlich bietet der Roman typischen Einheitsbrei, ohne aus der Masse herauszuragen. Den Vergleich mit The Walking Dead, dem derzeitigen Zombie-Genreprimus, muss sich dieser Roman gefallen lassen und ist im Vergleich leider nur 3. Wahl.
Daher nur für absolute Fans dieses Genres empfehlenswert..
Madeleine Roux, Goldmann
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