Die Abenteuer des Robin Hood

Spiel-Kritik von Lisa Reim-Benke (04.2022) / Titel-Motiv: © KOSMOS

Das etwas andere Brettspiel-Adventure

Er ist der Schrecken der Reichen und der Retter der Armen. Mit seinen Mannen erlebt er Abenteuer im Sherwood Forest und intrigiert gegen den fiesen Sherriff von Nottingham. Und nebenbei kämpft er noch für König Löwenherz und seine Liebe zu Maid Marian. Robin Hood ist dank diverser Film- und Literatur-Adaptionen jedem ein Begriff, egal ob Jung oder Alt. Diesen Umstand hat sich Brettspiel-Autor Michael Menzel zunutze gemacht und ein ganz besonderes analoges Spieleabenteuer entwickelt, mit dem wir Robin Hoods Abenteuer nacherleben und beeinflussen können.

Tolles Spielkonzept mit origineller Mechanik

Wer Michael Menzels „Die Legenden von Andor“ kennt, kann sich ungefähr vorstellen, was ihn erwartet. Auch bei den „Abenteuern des Robin Hood“ steht eine interessante Geschichte im Vordergrund, in deren Verlauf wir mit unseren Mitspielern kooperativ versuchen, das jeweilige Missionsziel zu erreichen. Dabei schlüpfen bis zu vier Spieler in die Rollen von Robin Hood, Little John, Will Scarlet und Maid Marian. Als Gegner dürfen natürlich der Sheriff von Nottingham und sein Gehilfe Guy von Gisborne nicht fehlen. Auf dem mit vielen Details ausgestatteten Spielplan schieben die Spieler ihre Spielfiguren zwischen dem Sherwood, der Burg, der Stadt und vielen anderen kleinen Schauplätzen hin und her auf der Suche nach Hinweisen und hilfreichen Gegenständen. Dabei gilt es, Orte zu erkunden, die in Form von Plättchen in den Spielplan eingelassen sind und die beim Umdrehen neue Details enthüllen. Somit ändert sich im Spielverlauf nicht nur die Geschichte, sondern auch der Spielplan. Außerdem können Figuren angesprochen werden, die einen mit Hinweisen, Proviant oder Waffen versorgen, welche die Spieler bei den Spielzügen oder im Kampf unterstützen.

Apropos Kämpfen: Diesen müssen sich die Spieler immer wieder stellen, denn schließlich gilt es, Adlige zu berauben und die Wachen des Sheriffs zu überwältigen. Beim Kämpfen werden aus einem Beutel nacheinander drei kleine farbige Würfel gezogen. Ist ein weißer dabei, ist der Kampf gewonnen. Natürlich ist das nicht so einfach, wie es klingt, denn durch diverse Ereignisse im Spielverlauf gelangen immer wieder lilafarbene Würfel des Gegners in den Beutel. Da müssen Robin Hood und seine Freunde schon einigen Einsatz zeigen, um so viele weiße Würfel in den Beutel zu bekommen wie möglich!

Hierbei spielt die besondere Zugdynamik eine große Rolle. Die Spieler ziehen ihre Figuren nämlich nicht auf vorgegebene Spielfelder, sondern bewegen sie frei über die gesamte Fläche. Dies tun sie mithilfe von drei länglichen Bewegungsfiguren, welche aneinandergelegt vorgeben, wie weit die Figur ziehen darf. Benutzt man dabei nur die zwei kurzen Bewegungsfiguren, darf man einen weißen Würfel in den Beutel werfen. Doch Achtung – die Zeit läuft und Guy von Gisborne ist den Spielern immer dicht auf den Fersen. Und wird man von ihm erwischt, ist eine Bewegungsfigur erst einmal verloren. Leicht wird es Robin Hood und seinen Freunden also definitiv nicht gemacht.

Nichts für lesefaule Abenteurer

Neben dem ausgeklügelten Spielplan und der Spielmechanik kommt natürlich auch der Geschichte eine besondere Rolle zu. In einem wie ein Lederband aufgemachten Buch werden die Abenteuer Robin Hoods in neun Kapiteln nacherzählt. Zusätzlich sind natürlich Spielanweisungen enthalten und bestimmte Regeln für die jeweiligen Kapitel. Wenn ein Spieler einen Ort erkundet oder eine Person befragt, wird auf der entsprechenden Seite des Buches nachgeschlagen, was dies nun für den Spielverlauf bedeutet oder welches Ergebnis Befragung liefert. Auf diese Weise kann ein und derselbe Ort auf dem Spielplan in jedem Kapitel etwas anderes enthüllen. Es gibt also immer etwas Neues zu entdecken!

Hinzu kommt, dass sich die Geschichte nach dem vierten Kapitel sogar aufteilt: Je nachdem wie die Spieler entscheiden, geht es mit einem von zwei Handlungssträngen weiter. Auch in den einzelnen Kapiteln gibt es oft verschiedene Wege, die ans Ziel führen. Es hängt alles von den Entscheidungen der Spieler ab, wie sich die Geschichte weiterentwickelt.

In dem Spiel muss dementsprechend viel gelesen werden. Zwar sind die einzelnen Abschnitte recht kurz gehalten, dennoch muss zu jeder Entdeckung, zu jeder Entwicklung, jedem Gegenstand und jeder Figur etwas vorgelesen werden. Dabei ist die Story natürlich nicht besonders komplex, das muss sie aber auch nicht sein. Der Spaß kommt aus dem Entdecken und den kleinen Erfolgserlebnissen, wenn man bei der Vielzahl an Orten und Figuren doch noch auf den richtigen Hinweis gestoßen ist.

Die große Frage nach dem Wiederspielwert

Nun stellt sich natürlich die Frage, wie oft man „Robin Hood“ denn spielen kann, wenn man erst einmal die Geschichte kennt. Die Antwort ist: nicht besonders oft. Selbstverständlich möchte man beide Handlungsstränge einmal durcharbeiten und zusätzlich gibt es für viele Kapitel zwei verschiedene Spielmodi und Schwierigkeitsgrade, welche die nötige Varianz für einen erneuten Durchgang liefern. Dank dieser Voraussetzungen lässt sich das Spiel sicherlich noch ein, zwei Mal spielen, doch dann ist die Luft leider endgültig raus.

Der große Pluspunkt des Spiels liegt in seiner einfachen wie gleichzeitig auch spannenden und originellen Spielmechanik, die es erlaubt, die Spielvorbereitungen schnell abzuschließen und direkt einzusteigen. Anders als bei „Andor“ muss man sich nicht erst durch einen Materialhaufen wühlen und penibel darauf achten, nichts zu vergessen. Das ist bei „Robin Hood“ deutlich angenehmer und übersichtlicher geregelt, allerdings ist das ständige Wenden der Papp-Plättchen im Spielplan nicht besonders materialschonend. Wer da empfindlich ist, wird eine sehr schwere Zeit haben. Ist diese Schwäche jedoch überwunden, können „Die Abenteuer des Robin Hood“ ziemlich süchtig machen. Einmal angefangen, will man unbedingt weiterspielen und wissen, was es im nächsten Kapitel alles zu entdecken gibt.

Fazit

„Die Abenteuer des Robin Hood“ zeichnet sich durch ein spannendes Spielkonzept aus, das die Entscheidungen der Spieler und die Geschichte in den Vordergrund rückt. Gut ausbalanciert, unterhaltsam und ohne viel Schnickschnack ist es ein wunderbares Familienspiel, das Abenteurer jeden Alters begeistern wird. Und die gute Nachricht ist: Einen zweiten Teil gibt es auch schon!

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Bilder: © KOSMOS

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