Christopher Golden
04.2020 Der erfolgreiche US-Schriftsteller Christopher Golden wurde in Massachusetts geboren, wuchs dort auf und ist dem amerikanischen Bundesstaat bis heute treugeblieben. Noch immer lebt Golden dort mit seiner Familie, was seiner Kreativität nur gutzutun scheint. Gleich mehrfach schafften seine Werke es auf die New York Times-Bestsellerliste… und dank Verlagen wie Cross Cult, Buchheim, Heyne, Blanvalet, Bastei Lübbe, Golkonda oder auch Panini, ist es auch deutschen Lesern möglich, in Goldens genreübergreifende Geschichten einzutauchen.
Dabei reicht sein Repertoire von eigenständigen Sci-Fi- und Horror-Stories („Something She Lost“, „Snowblind - Tödlicher Schnee“, „Der Fährmann“, „Das Totenschiff“, „Krieg der Maschinen“), über TV-, Film-, Comic- und Videospiel-Auskopplungen („Buffy - Im Bann der Dämonen“, „Sons of Anarchy“, „King Kong“, „Alien“, „Hellboy“, „Uncharted“), bis hin zu Kollaborationen mit anderen Autoren… beispielsweise die „Der Un-Magier“-Reihe mit Thomas E. Sniegoski, „Die geheimen Reisen des Jack London: Die Wildnis“ mit Tim Lebbon, „Sieben Pfeifer“ mit Autorin und Schauspielerin Amber Benson („Buffy - Im Bann der Dämonen“), mit der Golden auch die animierte Web-Serie „Ghosts of Albion“ erschuf, der anschließend Romane und sogar Rollenspiele folgten, und natürlich die Zusammenarbeit mit „Hellboy“-Schöpfer Mike Mignola, aus der die Romane „Joe Golem und die versunkene Stadt“ und „Baltimore, oder, Der standhafte Zinnsoldat und der Vampir“ hervorgingen. Letzterer wurde erst jüngst vom Ludwigsburger Cross Cult Verlag wiederveröffentlicht und von Mignola höchstpersönlich illustriert. Goldens Kooperation mit James A. Moore, „Blutbesudelt OZ“, erschien hingegen kürzlich in einer limitierten Vorzugsausgabe im Buchheim Verlag.
Wir hatten die Möglichkeit, Christopher Golden ein paar Fragen zu seiner Arbeit zu stellen und möchten Euch seine Antworten selbstverständlich nicht vorenthalten…
Ein Ritual, das mir dabei hilft, konzentriert dran zu bleiben, besteht darin, dass ich immer am 1. des Monats meine Rechnungen zahle. Das ist eine ziemlich wirksame Motivation.
Phantastik-Couch:
Mr. Golden, Sie schreiben hauptsächlich im phantastischen Bereich: Horror, Science-Fiction und Fantasy. Haben Sie nie Bedenken, dass Ihnen die Ideen ausgehen könnten?
Christopher Golden:
Glücklicherweise nicht. Manche meiner Ideen sind sogar schon 20 Jahre alt und ich bin immer noch nicht dazu gekommen, sie zu Papier zu bringen. Bevor mir die Geschichten ausgehen, geht mir meine restliche Lebenszeit auf dieser Erde aus – ganz sicher.
Phantastik-Couch:
Als hauptberuflicher Autor muss man immer wieder neue Werke am laufenden Band liefern. Fällt es Ihnen manchmal schwer, mit einem Projekt abzuschließen und sich etwas Neuem zu widmen?
Christopher Golden:
Manchmal brauche ich eine Verschnaufpause, um den Kopf freizukriegen. Schwieriger wird es, wenn sofort ein neuer, spannender Einfall einschlägt wie ein Blitz. Das kann einen von der bestenfalls täglichen Schreibroutine ablenken. Das Funkeln einer frischen Idee ist immer attraktiver als die eigentlich harte Arbeit, sie niederzuschreiben.
Phantastik-Couch:
Haben Sie bestimmte Schreib-Rituale, um konzentriert bei der Arbeit bleiben zu können?
Christopher Golden:
Meist schreibe ich zu den herkömmlichen Arbeitszeiten, da ich Familie habe und gerne mit ihnen zu Abend essen und Zeit verbringen möchte. Ein Ritual, das mir dabei hilft, konzentriert dran zu bleiben, besteht darin, dass ich immer am 1. des Monats meine Rechnungen zahle. Das ist eine ziemlich wirksame Motivation.
Phantastik-Couch:
Sie schreiben sowohl Romane als auch Comics, Graphic Novels oder für Videospiele. Bei Letzteren spielt besonders das Erzählen mit Bildern eine wichtige Rolle. Inwieweit unterscheidet sich diese Art des Erzählens von dem Schreiben „normaler“ Romane?
Christopher Golden:
Manchmal habe ich den Drang, Autoren, die sich über mediale Grenzen hinweg ausprobieren möchten, zu belehren, dass ein solcher Sprung alles andere als einfach ist – denn man kann nicht einfach das, was man in einem Medium erfahren hat, unverändert auf ein anderes anwenden. Jedes verlangt eine individuelle Bandbreite an Fähigkeiten ab und muss für sich erarbeitet werden. Natürlich gibt es auch immer Elemente, die bei einem solchen Wechsel helfen – hat man schonmal ein Drehbuch verfasst, wird einem das beim Comicschreiben zu Gute kommen. Dennoch sind die Struktur und die Art und Weise, wie Informationen - z.B. zwischen Schöpfer und Rezipienten - kommuniziert werden, jeweils völlig unterschiedlich. In jedem Medium muss man erstmal lernen.
Phantastik-Couch:
Sie haben bereits einige Projekte veröffentlicht, bei denen Sie sich mit anderen Autoren zusammengetan haben, bspw. mit „Hellboy“-Schöpfer Mike Mignola für die „Baltimore“-Reihe. Wie sieht eine solche Zusammenarbeit aus? Liefert einer von Ihnen die Idee und der andere schreibt?
Christopher Golden:
Das kommt immer ganz drauf an. Die Kooperation mit Mike Mignola ist aber ein gutes Beispiel: Mike hatte die ursprüngliche Idee zu Baltimore als Graphic Novel. Irgendwann aber wurde ihm klar, dass er nicht genug Zeit hatte, also hat er mich gefragt, ob ich Lust hätte, das Ganze als Roman zu machen. Er hatte schon ungefähr 85% der Story herausgearbeitet, den Rest habe ich beigesteuert. Natürlich hat er mir beim Schreiben über die Schulter geschaut und jede Seite im Detail mit mir besprochen. Bei unserer Novelle Father Gaetano’s Puppet Catechism stammte die Geschichte größtenteils von mir, und Mike hat noch ein paar eigene Ideen dazu geliefert. Beide Werke sind natürlich voll von seinen Illustrationen. Mit Tim Lebbon z.B. ist der Arbeitsprozess ein etwas organischeres Hin-und-Her: ich schreibe eine Szene, Tim schreibt eine Szene, dann lektorieren wir uns gegenseitig - ein bisschen wie Tennis, wie ich immer zu sagen pflege.
Phantastik-Couch:
In der „Baltimore“-Reihe geht es um Vampire, Hexen und andere Monster. Lassen Sie sich beim Entwickeln dieser Figuren von Legenden und Mythen inspirieren oder legen Sie Wert darauf, Ihre eigenen Versionen dieser Monster zu entwerfen?
Christopher Golden:
Ich finde, es ist der Job eines jeden guten Autoren, sich das Monster ganz zu eigen zu machen. Einer der Gründe dafür, dass Mike Mignola und ich so gut zusammenarbeiten können, besteht in unserer geteilten Leidenschaft für Folklore und Mythologie. Alte Märchen und Legenden faszinieren mich total. Manchmal bleiben meine Ideen ihnen treu, manchmal weichen sie davon ab. Man muss beim Schreiben gewillt sein, aus Bruchstücken dessen, was vor uns kam, einen eigenen Mythos zu erschaffen. Folklore ist letztlich nichts anderes: Erzählungen, die über Generationen hinweg weitergegeben wurden und sich dabei gewandelt haben. In vielerlei Hinsicht geht es genau darum in meiner Veil-Trilogie – besonders im ersten Buch, The Myth Hunters.
Phantastik-Couch:
Sie widmen sich bereits seit Jahrzenten dem Schreiben. Welchen Beruf würden Sie jedoch ausüben, wenn Sie kein Schriftsteller wären?
Christopher Golden:
Dann wäre ich auf jeden Fall Lehrer. Das liegt mir im Blut, und ich arbeite gerne mit Kindern.
Phantastik-Couch:
Herzlichen Dank für das Interview, Mr. Golden. Weiterhin viel Erfolg und bleiben Sie gesund. Ihre deutschen Leser freuen sich auf weitere Werke aus Ihrer Feder.
Christopher Golden:
Ich habe zu danken! Ich hoffe, meine Freunde in Deutschland bleiben gesund und passen auf sich auf in diesen seltsamen, traurigen Zeiten.
Das Interview führte Lisa Reim im April 2020.
Übersetzt aus dem Englischen von Yannic Niehr.
Foto: © Christopher Golden
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