Resident Evil – Staffel 1
Film-Kritik von Marcel Scharrenbroich / Titel-Motiv: © Netflix
Meine ganz persönliche NEMESIS
After Alice
Außerhalb der legendären Spielereihe „Resident Evil“ wird es schwer, einigermaßen objektiv über die Marke zu berichten, ohne in verzweifeltes Heulen oder wildes Gefluche abzurutschen. Da haben es einem die Spiele zwar auch nicht durchgängig leichtgemacht, da spätestens mit dem 2012 erschienenen „Resident Evil 6“ die Hauptreihe drohte, ins durchschnittliche Action-Allerlei abzurutschen. Bis auf den Ableger „Resident Evil - Code: Veronica“ (2000) kann man links und rechts eh getrost alles liegenlassen. Aufwärts ging es aber wieder mit „Resident Evil VII: Biohazard“ (2017), mit dem der Horror - von nun an in der Ego-Perspektive - wieder Einzug hielt. „Resident Evil VIII: Village“ legte die Messlatte, dank großartigem Gameplay und packender Story, 2021 noch einmal höher. Zudem bewiesen zwei großartige Remakes (der originalen Teile 2 und 3), dass das Franchise noch lange nicht (un)tot ist. Das Remake des Fan-Lieblings „Resident Evil 4“ ist bereits angekündigt und soll im Frühjahr 2023 aufschlagen.
Wir kommen nicht drumherum, und müssen auch über die Filme reden. Die deutsche Produktionsfirma CONSTANTIN FILM, damals noch unter der Leitung des Produzenten Bernd Eichingers (1949 – 2011), erwarb die Verwertungsrechte des japanischen Spieleentwicklers CAPCOM bereits 1997. Niemand geringeres als George A. Romero (1940 – 2017), Schöpfer der Zombie-Meilensteine „Night of the Living Dead“ und „Dawn of the Dead“, sollte das Drehbuch verfassen und Regie führen. Überraschenderweise fiel die Idee des Genre-Begründers gnadenlos durch. Man engagierte den durch „Mortal Kombat“ bereits Videospiel-erprobten Regisseur Paul W. S. Anderson, der mit „Event Horizon - Am Rande des Universums“ immerhin einen sehr guten Film in seiner Vita verbuchen kann. Die Hauptrolle in allen Filmen bekleidete Milla Jovovich, bekannt aus „Das fünfte Element“, „Johanna von Orleans“ oder „Zoolander“. Bei den Dreharbeiten lernten sich Regisseur und Hauptdarstellerin besser kennen und verlobten sich bereits 2003. Seit 2009 ist das Paar verheiratet und drehte noch die gemeinsamen Filme „Die drei Musketiere“ (2011) und die Videospiel-Adaption „Monster Hunter“ (2020). Jovovichs Figur Alice basiert nicht auf einem Charakter der Spiele. Anderson orientierte sich an Lewis Carrolls berühmten Kinderbuch „Alice im Wunderland“ und platzierte zahlreiche Verweise auf den Klassiker in seinem Film. Der größtenteils in Deutschland gedrehte „Resident Evil“ startete im Frühjahr 2002 in den Kinos und konnte trotz gemischter Kritiken genügend Gewinn generieren, um die Reihe fortzusetzen. Mit einem „Resident Evil“, wie es die Fans erwarteten, hatte das Ergebnis nur wenig zu tun. Das änderte sich schon in der Fortsetzung, wo immerhin Figuren aus den Spielen Einzug fanden. So bekam man in „Resident Evil: Apocalypse“ (2004) beispielsweise Jill Valentine (Sienna Guillory), Carlos Olivera (Oded Fehr) und den rabiaten Nemesis (Matthew G. Taylor) zu Gesicht. Regie führte (zum ersten und letzten Mal) der Neuling Alexander Witt. Für den dritten Teil, „Resident Evil: Extinction“ (2007), konnte man den „Highlander“-Regisseur Russell Mulcahy gewinnen. Kein Grund zum Jubeln, denn das Drehbuch stammte abermals von Paul W. S. Anderson. Mit Claire Redfield (Ali Larter) und Albert Wesker (Jason O’Mara) stießen zwei weitere Games-Charaktere hinzu. 2010 nahm Anderson dann für „Resident Evil: Afterlife“ wieder selbst auf dem Regiestuhl Platz. Erstmalig war nun auch Chris Redfield (Wentworth Miller) an Bord. Wesker wurde von nun an vom Schauspieler Shawn Roberts verkörpert. Den fünften Ableger, „Resident Evil: Retribution“ pflasterte Anderson (Drehbuch, Regie, Produktion) dann mit weiteren bekannten Spiele-Charakteren voll: Barry Burton (Kevin Durand), Leon Kennedy (Johann Urb) und Ada Wong (Li Bingbing). Außerdem kehrte die kampferprobte Michelle Rodríguez (demnächst in „Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben“ zu sehen) in ihre Rolle aus dem ersten Film zurück. 2016 inszenierte Anderson dann mit „Resident Evil: The Final Chapter“ das wirklich letzte Kapitel seiner Saga.
Sechs Filme waren auch mehr als genug. Ein großer Teil der Reihe profitierte von der damals beliebten 3D-Technik, ohne die die CGI-überfüllten Action-Overkills wohl deutlich schlechter an den Kinokassen abgeschnitten hätten. Qualitativ ging es nämlich mit jedem neuen Film eine Stufe weiter hinab. Es fiel zunehmend schwer, der hanebüchenen Story zu folgen, die irgendwann sowieso komplett im Sande verlief. Dafür gab es überzogenes Action-Gewichse vom Fließband (inklusive wilder Kamerafahrten und reichlich Zeitlupen-Einsatz), bei dem selbst die Krawall-Könige Michael Bay und Roland Emmerich schreiend die weiße Fahne gehisst hätten. Eine Kuh, die noch Milch gibt, wollte man natürlich ungern zur Schlachtbank führen, weshalb ein Reboot schneller beschlossen war, als man den alten Murks verdauen konnte. Dazu kommen wir später noch. Hellhörig wurden Fans aber, als nach mehreren animierten Ausflügen eine Real-Serie aus dem Hause NETFLIX angekündigt wurde. Diese ist seit dem 14. Juli 2022 komplett abrufbar. Tatsächlich machten mich die ersten Trailer durchaus neugierig. Sollte es wirklich gelungen sein, den Stoff mal anständig und einigermaßen adäquat umzusetzen??? Kurze Antwort: NEEEEEIIIIEN!!!
Next Generation
Auf zu neuen Ufern! Albert Wesker (Lance Reddick) hat seine Teenager-Töchter Jade (Tamara Smart) und Billie (Siena Agudong) im Gepäck, um in Südafrika seinem Job nachzugehen. In der künstlich-cleanen Stadt New Raccoon City hat er einen hohen Posten als Wissenschaftler beim Weltkonzern Umbrella. Den besten Ruf hat die Firma nicht, denn noch heute spricht man von einer folgenschweren Katastrophe im ursprünglichen Raccoon City, die auf das Konto von Umbrella geht. Mit der Forschung und Markteinführung des Wundermittelchens Joy möchte man allerdings wieder Fuß fassen und die Fehler der Vergangenheit korrigieren. Die Wunderpille gegen Depressionen und Angstzustände schlechthin… mit ungeahnten Nebenwirkungen. Wesker forscht im Auftrag seiner Vorgesetzten, der skrupellosen Evelyn Marcus (Paola Núñez), weiterhin an dem Präparat, um eine baldige Markteinführung zu ermöglichen. Über das, was hinter den verschlossenen Türen von Umbrella geschieht, hüllt er sich seinen Töchtern gegenüber aber in Schweigen. Die haben es währenddessen an ihrer neuen Schule nicht gerade einfach. Vor allem die introvertierte Billie sieht sich Mobbingattacken der Mitschülerinnen ausgesetzt. Als Jade ohne Einwilligung ihrer Schwester das Ruder eigenmächtig in die Hand nimmt und einen kleinen Rachefeldzug startet, sorgt das nicht nur für Ärger mit der Schulleitung, sondern zieht auch Familien-interne Konsequenzen nach sich: Billie ist angepisst. Als Entschuldigung willigt Jade ein, ihre Schwester bei einer Befreiungsaktion zu unterstützen. Als die beiden nämlich ihren Daddy bei Umbrella besuchten, fiel Billie auf, dass dort scheinbar Tierversuche stattfinden. Das verneinte Albert zwar, allerdings sollten seine Aussagen bezüglich seiner Arbeit eher skeptisch betrachtet werden. Erstaunlich einfach gestaltet sich der Zutritt. Anstatt auf eingesperrte Hoppelhäschen stoßen die beiden aber auf einen gar nicht eingesperrten Hund. Ein ziemlich angriffslustiges Exemplar der eher verlotterten Sorte. Der beißt sich dann auch gleich in Billie fest. Unschöne Sache, denn der wilde Fiffi war mit böser Umbrella-Suppe infiziert. Billie beginnt sich langsam aber sicher zu verändern. Albert Wesker setzt alles daran, die Infektion seiner Tochter geheim zu halten, aber die Zeit arbeitet gegen ihn… und Billie. Normalerweise dauert es drei Tage, bis das Virus die Oberhand gewinnt. Zeit, die auch Billie und Jade nutzen wollen, um die Machenschaften ihres Vaters und Umbrella aufzudecken… mit verheerenden Folgen.
14 Jahre später, wir schreiben das Jahr 2036, ist Jade (Ella Balinska) als Wissenschaftlerin in einer entvölkerten Welt unterwegs. Auf Solo-Pfaden forscht sie in einer offensichtlichen No-Go-Area am untoten Objekt. Sie möchte herausfinden, ob und wie die Infizierten sich im Laufe der Zeit verändern. Dabei hofft sie, der Erforschung eines Heilmittels näherzukommen. Doch nicht nur die vom T-Virus infizierten Zombies sind ein Problem. Mutierte Riesenviecher machen die Gegend über- und unterirdisch unsicher und zu allem Überfluss hat Umbrella noch ein Hühnchen mit der Abtrünnigen zu rupfen. Der schwergewichtige Richard Baxter (Turlough Convery) ist ihr mit seinem schwerbewaffneten Baller-Trupp von der netten Regenschirmchen-Firma bereits dicht auf den Fersen.
Es kann doch nicht so schwer sein…
Meine erste Frage beim Schauen lautete „Wer schreibt sich so eine Scheiße zusammen?“ Dicht gefolgt von „Wer winkt so einen generischen, undurchdachten Müll durch?“ Hier können sich die Produktionsfirma CONSTANTIN TELEVISION und der Streamingdienst NETFLIX stolz die Hände reichen, denn sie haben es geschafft, das Franchise an einen neuen Tiefpunkt zu bomben. Der letzte Kinoaufguss - und zeitgleich Reboot-Versuch - „Resident Evil: Welcome to Raccoon City“ ging schon einigermaßen sang- und klanglos unter, obwohl man ihm einen gewissen B-Movie-Charme nicht absprechen kann. Dort versuchte man, sich wieder der Original-Story zu nähern, warf aber inhaltlich die beiden ersten Games der langjährigen Reihe in einen Topf, was inhaltlich nur schwer zusammenpasste, und rührte dann etwas zu lange im aufgewärmten Zombie-Brei, bis manche Hauptfiguren derart zerkocht wirkten, dass sie mit ihren ursprünglichen Spiele-Pendants nur noch die Namen gemeinsam hatten. Das ikonische Herrenhaus, in dem sich das erste Spiel aus dem Jahr 1996 noch abspielte, wirkte arg geschrumpft und sah nach billiger Kulisse aus, die Kostüme hat man als Cosplay schon deutlich authentischer gesehen und über die darstellerischen Qualitäten ließe sich ebenfalls streiten. Doch all das glänzt noch wie Gold, wenn man sich bewusst der Tortur der acht Episoden aussetzt, die sich nun mit dem „Resident Evil“-Schriftzug schmücken.
Wo fange ich da an, wo hör ich auf? Nun, kommen wir zuerst zur Story. Die ist plump, langweilig und alles andere als innovativ. Wenn wir uns schon (im fliegenden Wechsel) auf zwei Zeitebenen bewegen, hätte ich wenigstens erwartet, dass zumindest eine Storyline überzeugen kann. Nein, war wohl zu viel verlangt. Stattdessen bekommen wir in der Gegenwart zwei herrlich nervige Teenagerinnen vorgesetzt, die denkbar unsympathisch sind. Das Genöle geht direkt in der ersten Szene los… und es wird nicht besser. Es wird gekeift, gelästert, sich wieder vertragen, dann wieder angeschrien, geheult, und dann das Ganze noch mal von vorn. Mehr als zwei Folgen am Stück grenzen da schon an Körperverletzung. Nachdem Umbrella, wie man recht früh in der Serie erfährt, schon einmal Scheiße gebaut hat, und man das ursprüngliche Raccoon City dank Virus-Kasperei in den Orkus blasen musste, betreibt man nun Schadensbegrenzung. Um den angeschlagenen Konzern mit zweifelhaftem Ruf wieder auf Spur zu bringen, wäre es vielleicht ratsamer gewesen, unter neuem Namen noch mal bei Null anzufangen, aber dann hätte man ja kein schönes Schirmchen-Logo mehr… und die Serie wäre um eine Game-Referenz ärmer gewesen. So knüppeln wir uns im Jahr 2022 also mit Jade und Billie rum, die ihren Daddy auch bei jeder Gelegenheit anätzen, weil er sie in diese blütenweiße Kulissenstadt verfrachtet hat. An der neuen Schule geht das eigentliche Drama dann erst richtig los, und man fragt sich lange, ob es nicht in der Fernbedienung spukt und diese heimlich in eine Teenie-Soap vom Fließband geswitcht ist. Die ach so apokalyptische Zukunft des Jahres 2036 sieht dann nicht nur optisch noch trostloser aus, sondern bietet auch inhaltlich gähnende Leere. Dort werden in unregelmäßigen Abständen mal mehr oder weniger bekannte Viecher aus der CGI-Hölle reingeworfen, die zumindest für Gamer noch anzeigen, dass sie sich noch im richtigen Format befinden, bevor die erwachsene Jade weiter durchs wackelige Serienkonzept stolpert. Ab Folge 6 schlägt die Story dann im Rekordtempo Haken und es werden weitere Zeitebenen eingefügt, um die Verwirrung komplett zu machen.
Man müsste den Autoren ihre Drehbücher links und rechts um die Ohren schlagen. Um die träge Story überhaupt in Fahrt zu bringen, nutzen sie die billigsten Kniffe, die jeglicher Logik trotzen. Beispiel: Im Jahr 2036 untersucht unsere Top-Wissenschaftlerin Jade das Verhalten der Infizierten. Dabei ratscht sie sich am Arm, was den Blutdurst der stöhnenden Zombies aus meterweiter Entfernung weckt. Dabei stellen sich mir zwei Fragen. Erstens: Warum zur Hölle turnt sie kurzärmelig und ohne entsprechende Schutzkleidung durch die Botanik? Und zweitens: Wenn die Zombie-Brut das Blut einer kleinen Wunde aus dieser Distanz wittern kann, warum dann nicht den literweisen Vorrat unter ihrer Haut? Fragen über Fragen. Noch ein Beispiel: Unsere gewiefte Alleskönnerin braucht dringend das Notizbuch, welches sich in der Hosentasche eines angeketteten Infizierten befindet. An ein Minimum an Selbstschutz hat sie dieses Mal zwar gedacht, blättert in Reichweite des untoten Gesellen aber noch seelenruhig im Büchlein rum, anstatt mal zwei Schritte nach hinten und damit in Sicherheit zu tun. Klare Sache, dass die Nummer halbwegs in die Hose geht. Oder einfach eine inszenatorische Meisterleistung, um dem müden Quark mal wieder etwas Leben in Form von kurzzeitiger Spannung einzuhauchen. Komm, einer geht noch: Die taffen Wesker-Sisters schaffen es doch tatsächlich, unbemerkt in die Umbrella-Bude einzudringen. Dazu reicht eine simple Voice-Mail von Daddy, um den Stimmsensor auszutricksen. Wachmänner eines der größten Weltkonzerne waren wohl gerade gesammelt auf Kegeltour? Und Bewegungsmelder und Kameras erschienen den Autoren womöglich zu tricky, weshalb auf Sicherheitsmaßnahmen gleich ganz geschissen wurde. Äußert glaubwürdig. Fast so glaubwürdig, wie der grottig animierte CGI-Hund, der direkt und unbearbeitet dem Originalspiel entsprungen scheint, und Billie einen saftigen Knutschfleck verpasst. Im weiteren Verlauf, wenn Sherlock Jade und Billie Watson detektivisch kleinen Rätseln folgen und um Kameras auszuweichen albern durch die Bude robben, bekommt man den Eindruck, dass in der Autoren-Kantine Crack auf dem Speiseplan stand, was durch eine kurze Revue-Einlage der Umbrella-Chefin nur bestätigt scheint. Spätestens wenn der unförmige Handlanger in der vierten Episode seinen ganz eigenen John-Wick-Moment - untermalt von unpassender Funk-Musik - abfeiert, möchte man zu Blutdruck-senkenden Mitteln greifen. So leer und verzweifelt fühlte ich mich seit dem Ende von „Twin Peaks“ nicht mehr.
Leider schaffen es auch die Darsteller nicht, dieser Nullnummer wenigstens ein bisschen Atmosphäre zu verpassen. Lichtblick ist da noch Lance Reddick. Den 1962 geborenen Schauspieler und Musiker kennt man am ehesten aus den „John Wick“-Filmen, „Angel Has Fallen“, dem Geheimtipp „The Guest“ oder den Serien „Fringe“, „The Wire“ und „Bosch“. Im Alleingang kann er das Ruder nicht rumreißen, denn weder die unmotivierten Töchter, die eines Bond-Bösewichts würdige und Telenovela-erprobte Paola Núñez, noch der nordirische Jack-Black-Klon Turlough Convery können bleibenden Eindruck hinterlassen. Die erwachsene Jade, gespielt von Ella Balinska aus dem unterdurchschnittlich schlechten „3 Engel für Charlie“-Reboot, guckt dann auch nur recht grimmig drein, was zwar zu ihrer jüngeren Version passt, in mir aber doch die Frage aufkommen ließ, warum man nicht zwei Schauspielerinnen für die Jade-Rollen gecastet hat, die wenigstens ein bisschen Ähnlichkeit zueinander mitbringen. Ich werde es nie erfahren… wahrscheinlich auch deshalb nicht, weil es mir mittlerweile scheißegal ist.
Diversität!!!
Ja, auch um dieses in letzter Zeit sehr ausgiebig diskutierte Thema kommen wir nicht umher. Ein Thema, welches eigentlich keines mehr sein sollte, jedoch immer wieder hohe Wellen schlägt. Sei es im Superhelden-Universum, der kommenden „Der Herr der Ringe“-Serie „Die Ringe der Macht“ von AMAZON PRIME oder jedem anderen angekündigten Format, welches Vorlagen ignoriert und einer modernen Frischzellenkur unterzieht. So auch „Resident Evil“. Gegen einen vielfältigen Cast ist per se nichts einzuwenden. Wenn es zur Rolle passt oder ein Charakter mit entsprechenden Wurzeln angelegt ist, dient es der Story und damit der Authentizität. Alles prima. Warum Lance Reddicks Charakter jetzt ausgerechnet Albert Wesker, das wohl weißeste Weißbrot der Videospiel-Schurken-Geschichte darstellen soll, wirft allerdings Fragen auf. Für andere Figuren griff man nicht auf Vorlagen zurück, was man auch für den bereits 1996 etablierten Blondschopf Wesker hätte beibehalten sollen. Hätte man Reddicks Serienfigur Johnny Schießmichtot genannt, hätte es keinen Unterschied gemacht und es hätte kein Hahn danach gekräht. Albert Wesker aber von Grund auf gegen den Strich zu bürsten und ihn als namhaften Wissenschaftler und Familienvater darzustellen, passt für mich nicht zusammen. Da wurden Vorlagen umgemodelt, bis zu Beginn der vorletzten Folge noch einmal eine Twist-Bombe platzt, die mich mit dem grandios lächerlichen Opening sowie der haarsträubenden Weiterführung endgültig zerstörte. Und ohne etwas unterstellen zu wollen, ist es nicht abwegig, dass den Machern durchaus bewusst war, was immense Änderungen an altbekannten Charakteren für Reaktionen auslösen könnten. Hat ja auch geklappt, denn die empörte Netz-Fraktion hat sich mit Bekanntwerden des Casts ausgiebig in hitzigen Blackwashing/Whitewashing-Diskussionen ausgetauscht, womit die Serie vorab schon in aller Munde war. Solch ein „Marketing“ sollte man nicht heraufbeschwören, denn es hinterlässt einen mehr als bitteren Beigeschmack.
Gut, geschenkt. Woran ich mich aber richtig reibe, ist, welche Untertöne die Serie anschlägt. Bei der Ankunft in New Raccoon City wird seitens Jade erstmal bemängelt, dass da zu viele Weiße wohnen und man ja immerhin in Südafrika wäre. An eine umgekehrte Aussage dürfte man nicht mal denken, ohne in der Luft zerrissen zu werden. Dann wird gesagt, dass die Nachbarjungen zwar süß wären, aber dämlich, ohne diese überhaupt zu kennen. Autsch! Anschließend behandelt Jade einen Jungen, dessen Interesse sie geweckt hat, derart von oben herab, dass es fast wehtut… obwohl besagter Bursche sich im Laufe der Serie als meisterhafter Profi-Hacker (so meisterhaft, dass es schon wieder lächerlich ist) erweist und Jade mehrfach den Arsch rettet. Sie gibt ihm mit erhobenem Zeigefinger Befehle, verbietet ihm den Mund und haut dann tatsächlich noch raus, dass er doch darauf stehen würde. Das hat nichts mehr mit Diversität zu tun, sondern schlägt dominant unangenehme Töne an, die ich für weit vom Sinn und Zweck einer Diversitäts-Diskussion entfernt halte. Außerdem fuckt mich tierisch ab, dass laut Wesker die Leute, die in schönen Häusern wohnen und Familien haben, ja wohl kaum Depressionen bekommen könnten. Setzen, sechs! Das ist dermaßen oberflächlich und leicht gedacht, dass es einer schallenden Ohrfeige für Betroffene gleichkommt. Da sind die dauernden Erwähnungen von Mrs. Umbrella Evelyn Marcus, dass sie mit einer Frau verheiratet ist und nach eigener Aussage sehr gut vögeln kann, nur noch das Sahnehäubchen auf einem tonal komplett verhauenen Serien-Desaster. „Resident Evil“ ist ein mahnendes Beispiel dafür, wie man Diversity NICHT vorbildlich nach außen trägt.
(Das traurige) Fazit:
Spiele hui, Filme pfui. Die Serien-Verwurstung des „Resident Evil“-Franchises macht es leider keinen Deut besser. Darsteller, Effekte, Story, Dramaturgie, Maske und Kostüme… einfach alles verpufft in einer Wolke des Dilettantismus. Selbst handwerklich wird von einem Fiasko ins nächste gestolpert. Wer dachte, dass schon die Verfilmungen für die Tonne waren, wird sich nach den acht Folgen der kläglichen NETFLIX-Serie schreiend in die Klauen eines Lickers flüchten. Ich persönlich würde mir lieber nackt den Arsch von Nemesis versohlen lassen, bevor ich freiwillig auch nur einen Blick in eine zweite Staffel werfe. Note 1… auf einer Wertungsskala, die traurigerweise bis 10 reicht.
Wertung: 1
Bilder: © Netflix. All Rights Reserved.
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