Halloween - Filmtipps 2
von Marcel Scharrenbroich
WATCH OR TREAT II oder „Die Rache der Couch-Potato“
Kinders, wie die Zeit vergeht…
Zweimal kurz geblinzelt (und eine weltweite Pandemie und ihre Folgen an den Hacken) und schon ist wieder Halloween. Während die Temperaturen noch mal einen Sprung Richtung 22 Grad machen und üppige Weihnachts-Deko und die passende musikalische Untermalung in den zahlreichen Klimbim-Abteilungen der Kaufhäuser befremdlicher wirken als ein volles Fußballstadion, kommt der Herr Silvester so langsam mit großen Schritten angerannt, um uns den heiß ersehnten Jahresausklang um die Ohren zu dreschen. Denn mal ehrlich: Ich denke, dass wir alle froh sind, wenn wir unter 2020 einen fetten Haken (ohne irgendwelche Kurven) ziehen können. Leider wird es 2021 erstmal nahtlos mit trüben Aussichten weitergehen, doch da sitzen wir alle im selben Boot. Da bleibt es nur, sich diese mehr als merkwürdige Zeit irgendwie zu versüßen. Aber nicht alles ist schlecht! Viele Menschen sind durchaus einfallsreich geworden und haben ihre Kreativität entdeckt. Malen, Zeichnen, Schreiben, Dichten, Singen, die Welt mit TikTok-Videos nerven… Egal wie, Hauptsache es fällt einem nicht die Decke auf den Kopf.
Wer es lieber gemütlich angeht und lange Herbsttage und das Kürbis-Fest auf der heimeligen Couch verbringen möchte, schnappt sich ein gutes Buch oder krallt sich die Fernbedienung, um auf das reichhaltige Saison-Angebot der ebenso zahlreichen Streamingdienste zurückzugreifen… oder stöbert mal wieder ein wenig in der Heim-Videothek. Wir sind mal wieder in die Zelluloid-Abteilung abgetaucht, um Euch ein paar ordentliche Halloween-Filmtipps zusammenzuschrauben. Unser diesjähriges Angebot reicht von klassisch, über humorvoll, bis atmosphärisch, skurril und familientauglich:
„Tanz der Teufel II – Jetzt wird noch mehr getanzt“
(OT: „Evil Dead II – Dead by Dawn“; USA 1987)
Starten wir mit einem kleinen Genre-Klassiker. Nachdem man den Film-Titel „Tanz der Teufel“ mittlerweile laut aussprechen darf, ohne direkt in der Hölle zu landen, und Sam Raimis Original von 1981 ab 16 Jahren erstanden werden darf und Verkäufer in Elektro-Märkten einen bei Nachfrage nicht mehr mit Kreuzen und Weihwasser bespritzend Richtung Ausgang scheuchen, während sie Dir mit warmen Worten den Satan aus dem Leib treiben wollen, ist auch dessen Fortsetzung seit ein paar Jahren mit einer FSK 16-Freigabe erhältlich. Vollkommen ungekürzt und restauriert.
Nachdem Ash (Bruce Campbell) die folgenschweren Ereignisse in der Waldhütte überlebt hat, ist er notgedrungen noch immer an Ort und Stelle, während das Böse weiterhin durchs Dickicht der Wälder von Tennessee streift und in einer rasanten Flugeinlage in seinen Körper gelangt. Kurz gesagt, die ganze Scheiße geht von vorne los. Die in Blut beschriebenen Seiten des Necronomicon ex mortis (vormals Naturon Demonto und als Reminiszenz an H. P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos umbenannt) sorgen weiterhin dafür, dass die dämonischen Deadites ihr Unwesen treiben. So erwacht Ashs Freundin Linda (Denise Bixler, die Betsy Baker aus dem Original-Film ersetzt) auf wundersame Weise von den Toten, was den einzig Überlebenden zu drastischen Maßnahmen zwingt. Hier greift Ash zum ersten Mal zur kultigen Kettensäge und raspelt die kreischende Madame auf eine dezentere Größe zurecht. Das klappt auch verhältnismäßig gut, nur dass die böse Macht sich erneut in ihm meldet und er von seiner eigenen Hand attackiert wird. Da er nun allerdings schon erfahren mit dem Umgang des motorisierten Sägewerkzeugs ist, säbelt er sich den besessenen Griffel einfach ab. Währenddessen ist Annie (Sarah Berry), die Tochter des Professors, der seine Forschungen über das Naturon Demonto einst in der Hütte vorantrieb, gemeinsam mit Ed (Richard Domeier) auf dem Weg zu ihrem Vater, da sie neue Seiten aus dem verfluchten Buch entdeckt haben. Nicht ahnend, was dort mittlerweile vorgefallen ist. Da der Weg zur Hütte blockiert ist, helfen ihnen der Hinterwäldler Jake (Dan Hicks) und seine Freundin Bobby Joe (Kassie Wesley) bei einer alternativen Route durchs unwirtliche Gelände. Dort erwartet sie schon der blutverschmierte Ash, der gegen den Wahnsinn und nicht nur die eigenen Dämonen ankämpft…
Sam Raimis Handmade-„Tanz der Teufel“-Saga, die 1992 mit „Armee der Finsternis“ ihren filmischen Abschluss fand (die drei Staffeln der Serie „Ash vs. Evil Dead“, die zwischen 2015 und 2018 produziert wurden, zähle ich jetzt mal nicht zur Trilogie) ist einfach Kult. Mit diesem Begriff wird zwar sehr locker umgegangen, aber im Horror-Genre hat die Film-Reihe einfach einen enormen und durchaus verdienten Stellenwert. Für eine Low Budget-Produktion war das Original 1981 wegweisend. Der junge Regisseur Raimi („Spider-Man“-Trilogie mit Tobey Maguire, „Darkman“ mit Liam Neeson oder auch die Horror-Empfehlung „Drag Me to Hell“) hatte einfach seinen ganz eigenen Stil und war extrem kreativ, was die Kamerafahrten durch den Wald und die saftigen Splatter-Effekte betraf. Das setzte sich auch mit „Tanz der Teufel 2“ fort, bei dem man sich bis heute streitet, ob er eine Fortsetzung oder ein Remake des ersten Films ist. Irgendwie eine Mischung aus beidem, denn tatsächlich ist das Ganze etwas kurios:
Am Anfang von „Tanz der Teufel 2“ gibt es eine Rückblende, die die Geschehnisse des Originals zusammenfasst. Diese besteht allerdings nicht aus den Zusammenschnitten des direkten Vorgängers, sondern wurde komplett neu gedreht. Sam Raimi besaß die Rechte an seinem eigenen Film nicht mehr, der von New Line Cinema vertrieben wurde. Teil 2 hingegen wurde von Dino De Laurentiis und dessen Mantelgesellschaft Rosebud Releasing Corporation finanziert. Deshalb nutze man die neuen Rückblenden, die zudem mit anderen Darstellern besetzt wurden, um den Fokus der Handlung auf Ashley J. Williams zu legen, der der Marke mit dem zweiten Film auch ihren kultigen Stempel aufdrückte. Das, was die Ein-Mann-Abrissbirne Bruce Campbell („Maniac Cop“, „Bubba Ho-Tep“, „My Name Is Bruce“) hier abfeuert, ist auch granatenstarker Splatter-Slapstick par excellence, sodass man im Anschluss im Idealfall direkt mit der „Armee der Finsternis“ ins finstere Mittelalter eintauchen möchte. Studiocanal veröffentlichte „Tanz der Teufel 2“ sowohl als Blu-ray als auch als UHD/BD-Kombo im toll gestalteten Steelbook. Eine Softbox-Variante ist ebenfalls erhältlich. Als besonderes Schmankerl verfügen die Editionen noch über satte 4 Stunden Bonusmaterial.
„The Cabin in the Woods“
(USA 2012)
Wenn wir schon mal da sind, bleiben wir auch gleich hier. Einsame Hütten in verlassenen Wäldern sind immer eine gute Ausgangslage. Nicht unbedingt für die nichtsahnenden Gäste, die in der Regel nach und nach das Zeitliche segnen, aber für den geneigten Horror-Konsumenten. Was „Tanz der Teufel“ Anfang der 80er vormachte, fand sich später ähnlich in Genre-Beiträgen wie „Cabin Fever“, „Blair Witch 2: Book of Shadows“, „Extraterrestrial“ oder der Fun-Splatter-Granate „Tucker & Dale vs Evil“ wieder. Tatsächlich gehen böse Hütten im Wald schon auf das Jahr 1812 zurück, als die Gebrüder Grimm mit ihrem kindgerechten Hexen-Horror „Hänsel und Gretel“ für große Kinderaugen und über den Kopf gezogene Bettdecken sorgten… schlaflose Nächte und ein bis zwei Traumen inklusive. Wie man das Wald/Hütte-Sub-Genre aber ordentlich auf den Kopf stellt, zeigte der Regisseur Drew Goddard (Drehbücher zu „Cloverfield“ und „World War Z“) im Jahr 2012.
Die fünf Freunde und College-Studenten Dana (Kristen Connolly), Curt (Chris Hemsworth), Jules (Anna Hutchison), Holden (Jesse Williams) und Marty (Fran Kranz) wollen das gemeinsame Wochenende in einer abgelegenen Hütte verbringen. Liebeleien und Marihuana-Exzesse sind da vorprogrammiert. So weit, so typisch fürs Genre. Allerdings stehen die fünf Unwissenden unter permanenter Beobachtung und kein Detail ihres Kurztrips geschieht ohne sorgfältige Planung… allerdings von außerhalb. Aus einer geheimen Einrichtung werden sie überwacht. Dort hocken die beiden Wissenschaftler Sitterson (Richard Jenkins) und Hadley (Bradley Whitdford) vor ihren Monitoren in einem unterirdischen Labor und verfolgen das Geschehen vor Ort. Nicht nur das, denn die mysteriöse „Organisation“ setzt auch Hormone und Gase ein, um das Verhalten der Studenten zu beeinflussen. Welchen genauen Zweck dieses mysteriöse Vorgehen hat, wird lange im Dunkeln gelassen, womit sich der Schleier nur Stück für Stück lüftet. Als die Urlauber im Keller auf ein altes Tagebuch stoßen und damit einen monströsen Albtraum in Gang setzen, ahnen sie noch nicht, dass dies nur die Spitze des Grenzen-sprengenden Eisbergs ist. Und so warten auch auf den Zuschauer Überraschungen, die er unmöglich kommen sehen wird…
Bereits 2009 – und somit vor Chris Hemsworths MARVEL-Karriere – gedreht, sollte es noch rund drei Jahre dauern, bis „The Cabin in the Woods“ letztendlich das Licht der Welt erblickte. Das lag daran, dass das produzierende Studio MGM zu diesem Zeitpunkt mit finanziellen Problemen zu kämpfen hatte und die Rechte am Film an Lionsgate verkaufte. Dort war man durchaus erfahren im Horror-Bereich, was Filme wie „American Psycho“, „Ginger Snaps“ oder die erfolgreiche (und bald neu ausgerichtete) „SAW“-Reihe beweist. Nach einem Drehbuch von Debüt-Regisseur Goddard und Joss Whedon (Regisseur von „Serenity“, den ersten beiden „Avengers“-Abenteuern und (dem hoffentlich bald vergessenen) „Justice League“), die gemeinsam bereits bei Whedons Erfolgs-Serien „Buffy – Im Bann der Dämonen“ und „Angel – Jäger der Finsternis“ zusammenarbeiteten, entfesselte „Lost“-Schreiber Goddard eine wahnwitzige Wundertüte, die das angestaubte Sub-Genre im letzten Drittel komplett auf Links dreht und mit cleveren Ideen mit allen gängigen Horror-Konventionen spielt. Aber Vorsicht: Entweder liebt man „The Cabin in the Woods“ oder hasst den frischen Genre-Querschläger!
„Shining“
(OT: „The Shining“; UK/USA 1980)
Uiuiui, jetzt kommen wir zu einem Klassiker, der allein ganze Bücher und Dokumentationen füllt. Basierend auf dem Roman von Stephen King, der erstmals 1977 und in deutscher Übersetzung 1980 bei Bastei-Lübbe erschien. Meister-Regisseur Stanley Kubrick (1928 – 1999; „2001: Odyssee im Weltraum“, „Uhrwerk Orange“, „Full Metal Jacket“) nahm sich des Stoffes an… und zog damit meisterlich den Unmut des Schriftstellers auf sich. King war alles andere als begeistert von Kubricks „Shining“-Version, was er auch oft genug zum Ausdruck brachte. Angefangen bei der Wahl der Hauptdarsteller bis… zum ganzen Rest. Tatsächlich gab es viele Änderungen gegenüber dem Roman, sodass unter Kings Aufsicht „The Shining“ 1997 als TV-Dreiteiler erneut (und einigermaßen adäquat) verfilmt wurde. Dies übernahm der bereits King-erfahrene Regisseur Mick Garris, von dem bereits „Schlafwandler“, „The Stand - Das letzte Gefecht“, „Quicksilver Highway“, „Riding the Bullet“, „Desperation“ und „Bag of Bones“ aus Kings Feder umgesetzt wurden.
In Kubricks „Shining“ begleiten wir Familie Torrance, bestehend aus Vater Jack (Jack Nicholson), Mutter Wendy (Shelley Duval) und Söhnchen Danny (Danny Lloyd), bei ihrer Reise in die verschneite Berglandschaft von Colorado. Hier hat Jack nämlich einen Job als Hausverwalter angenommen, der sich während der Wintermonate um das geschlossene Overlook-Hotel kümmern soll. Jack, der die Ruhe im imposanten Bau zum Schreiben eines Romans nutzen will, ist der Ansicht, dass die ländliche Abgeschiedenheit ihnen guttun wird. Auch Danny, der zunehmend ein seltsames Verhalten an den Tag legt und beunruhigende Gespräche mit seinem imaginären Freund „Tony“ führt. Kaum im Hotel angekommen und von Küchenchef Dick Hallorann (Scatman Crothers) mit den Örtlichkeiten vertraut gemacht, fällt diesem auf, dass Danny über seherische Fähigkeiten verfügt. Das Shining, wie er es nennt. Die Gabe, übersinnliches Klimbim wahrzunehmen. Dannys Visionen häufen sich… und ziehen ihn immer näher zum Zimmer mit der Nummer 237, von dem er sich laut Mr. Hallorann unbedingt fernhalten soll. Zeitgleich verfällt Jack Torrance immer mehr in alte Muster. Er greift wieder zur Flasche und wird zusehends feindlicher. Nach und nach ergreift das Hotel Besitz von Jack, denn das Overlook beheimatet das pure Böse.
Schaut man sich allein die Doku „Room 237“ an, wird man aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Einerseits, weil klar wird, wie akribisch und mit wie vielen eigenen Visionen Kubrick bei seinem Schaffen zur Sache ging, andererseits, weil manche Experten Dinge in den Film hineininterpretieren, dass einem die Haare zu Berge stehen. Beweise für die angeblich gefakte Mondlandung der Amerikaner sind da nur ein kleiner Teil der vermeintlichen Verschwörungstheorien. Sollte nur die Hälfte der Interpretationen findiger „Experten“ halbwegs wahr sein, war Kubrick entweder der schlauste Mensch auf Erden oder einfach nur wahnsinnig. Die Wahrheit trifft es wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. „Shining“ schaffte es jedenfalls ins Guinness-Buch der Rekorde, da Stanley Kubrick Wendy-Darstellerin Shelley Duvall eine Szene ganze 127-mal wiederholen ließ. Schauspieler Scatman Crothers zerbrach beinahe an der peniblen Versessenheit des Regisseurs, woraufhin Jack Nicholson schwor, niemals wieder mit Kubrick zu arbeiten. Klingt jedenfalls nach einer Menge Spaß am Set… kein Wunder, dass der gute Jacky da durchknallte.
2019 legte Warner den meisterhaften Klassiker in einer restaurierten 4K Ultra HD-Fassung auf. Neben einigen Specials findet sich auf beiden enthaltenen Discs (UHD und Blu-ray) erstmals die 23 Minuten längere US-Fassung des Films, die insgesamt eine Länge von 144 Minuten beträgt.
„Doctor Sleeps Erwachen“
(OT: „Doctor Sleep“; USA 2019)
Verweilen wir noch ein wenig im King’schen Shining-Kosmos, denn 2019 erschien die langerwartete Fortsetzung von „Oculus“-Regisseur Mike Flanagan, der zuvor bereits den King-Roman „Das Spiel“ für NETFLIX adaptierte und mit der Fortsetzung der Horror-Gurke „Ouija - Spiel nicht mit dem Teufel“ bewies, dass ein Franchise mit einem zweiten Film auch positiv überraschen kann („Ouija - Ursprung des Bösen“ spielt inhaltlich vor dem Vorgänger und kann sehr gut losgelöst vom Erstling geschaut werden). Ferner ist Flanagan auch für die hochgelobte NETFLIX-Eigenproduktion „Spuk in Hill House“ verantwortlich, die jüngst mit „Spuk in Bly Manor“ um einen neunteiligen Ableger, basierend auf der Henry James-Novelle „The Turn of the Screw“, erweitert wurde.
Danny Torrance (Ewan McGregor) ist erwachsen geworden. Die quälenden Erinnerungen an die Vorkommnisse im Overlook-Hotel folgten ihm dabei jedoch auf Schritt und Tritt. Von Dick Hallorann (Carl Lumbly) lernte er einst, wie er böse Geister von sich fernhält… sie in seinen Gedanken einsperrt, dennoch trat er in die Fußstapfen seines Vaters und wurde zum Alkoholiker. Acht Jahre ist es nun her, dass er sein Leben umkrempelte und in einer Kleinstadt in New Hampshire von vorne anfing. Der hilfsbereite Billy Freeman (Cliff Curtis) bürgte für Dan und besorgte ihm einen Job. In einem Hospiz, wo Dan Todkranke auf ihrem letzten Weg begleitete… was ihm den Spitznamen Doctor Sleep einbrachte. Acht Jahre ist es auch her, dass er an der Wand seines kleinen Appartements erstmals mysteriöse Botschaften erhielt. Gesendet von dem Mädchen Abra (Dakota Hickman). Heute ist Abra Stone (Kyliegh Curran) zur jungen Frau herangewachsen. Sie sucht Dan ist dessen Heimat auf und er erkennt sofort ihr Shining. Ein Shining, welches mächtiger ist als seins. Durch ihre Gabe hat sie nämlich den „Wahren Knoten“ auf sich aufmerksam gemacht und benötigt deshalb nun Dans Hilfe. Der „Wahre Knoten“ ist ein umherziehender Kult, der mordend durchs Land streift. Nicht wahllos, keineswegs… Sie haben es auf Steam abgesehen. Jene Substanz, die mit dem Shining gesegnete Kinder aushauchen, während sie ihren letzten Atemzug tätigen. Abra wurde dank ihrer Gabe unfreiwillig Zeugin eines solchen brutalen Mordes, was die Anführerin des „Wahren Knotens“, Rose the Hat (Rebecca Ferguson), die die besondere Fähigkeit besitzt große Steam-Quellen zu orten, erstens nicht hinnehmen kann und zweitens ihr ihr nächstes Opfer vor Augen führt… Abra Stone. Dan Torrance muss nun mehrmals über seine düsteren Schatten springen, um Abra vorm „Wahren Knoten“ zu beschützen. Selbst wenn er damit die noch immer präsenten Dämonen der Vergangenheit heraufbeschwört.
2013 erschien Stephen Kings „Shining“-Fortsetzung weltweit und wurde selbstverständlich zum Bestseller. Kann eine Adaption dieses Buches, die sich ihrerseits an einem filmischen Vorgänger orientiert, welchen der Schriftsteller der Vorlage zutiefst verabscheute, überhaupt funktionieren? Und kann die Fortsetzung die hohe Erwartungshaltung der Fans von Kubricks Film überzeugen? Ja. Und F*CK, JA! Ich liebe Kubricks „Shining“, welcher einer der ersten Horrorfilme war, die ich in meiner Kindheit (viel zu früh) sah, und „Doctor Sleeps Erwachen“ (ein dämlicher deutscher Titel, nicht wahr?) schließt knapp 40 Jahre nach dem Original sehr, sehr gut daran an. Er erweckt sowohl das Overlook-Hotel als auch Stanley Kubricks visionäres Meisterwerk zu neuem Leben, was über die ordentliche Laufzeit von 152 Minuten (Blu-ray/UHD) packend unterhält. Der erweiterte Director’s Cut, der mit genau 180 Minuten zu Buche schlägt, ist den Heimkino-Varianten von Warner beigelegt. Allerdings nur im englischen Originalton.
„I Am Not a Serial Killer“
(Irland/UK 2016)
Kommen wir nun zu einem Genre-Mix aus Psycho-Thriller, Coming-of-Age-Drama und Monster-Horror. Eine Independent-Perle, die nicht nur mit großartigen Darstellern aufwartet, sondern auch in der Handlung ordentliche Haken schlägt und über eine ganz besondere, mysteriöse Atmosphäre verfügt. Zum Cast gehört unter anderem der großartige Christopher Lloyd, der hier nichts, aber auch GAR nichts an flapsig-charmantem Doc Browne-Charme durchblitzen lässt. Ungewohnt und sehr, sehr stark. Die Vorlage zum Film schrieb der amerikanische Horror- und Science-Fiction-Autor Dan Wells. Der gebürtige Londoner verfasste bereits zahlreiche Bücher. Darunter auch die Serienkiller-Reihe um John Wayne Cleaver, die es bislang auf 6 Bände bringt. Den Auftakt bildete 2009 der hier verfilmte Roman „Ich bin kein Serienkiller“. Es folgten „Mr. Monster“ (2010), „Ich will dich nicht töten“ (2011), „Du bist noch nicht tot“ (2013), „Nur über deine Leiche“ (2015) und „Ein Killer wie du und ich“ (2017).
Der Teenager John Wayne Cleaver (Max Records) ist ein Einzelgänger, Außenseiter und waschechter Soziopath. Er denkt, dass er selber einmal zum Serienkiller mutieren wird. Dass es quasi vorherbestimmt und unausweichlich ist. Um dieses Schicksal im Zaun zu halten, befolgt er selbstaufgelegte Regeln, was gar nicht so einfach ist. Schließlich ist er vom Tod umgeben. Er hilft seiner Mutter April (Laura Fraser) beim Präparieren von Leichen und hat auch sonst einen Hang zum Morbiden. Als die Kleinstadt Clayton jedoch durch eine brutale Mordserie erschüttert wird, wird der Junge mit der Faszination vom Tod natürlich neugierig. Erst recht, da den Leichen scheinbar Organe entnommen wurden und eine seltsame schwarze Flüssigkeit an den Tatorten gefunden wurde. Die Polizei tappt im Dunkeln, doch John hat einen Verdacht. Er verdächtigt den alten Mr. Crowley (Christopher Lloyd), der in der Nachbarschaft wohnt, und beginnt diesen heimlich zu beschatten…
Regisseur Billy O‘Brien verfilmte Dan Wells‘ Roman als feinfühliges Außenseiter-Drama, welches perfekt auf der Nerven-Klaviatur der Zuschauer spielt. Verschneite Häuser und Straßen, die in wohlige Entspannung wiegen, würde unter der Vorstadt-Oberfläche nicht das mysteriöse Grauen umgehen. „I Am Not a Serial Killer“ folgt keinen klassischen Konventionen. Kein Film, der sich nach 10 Minuten anfühlt als hätte man ihn schon x-mal gesehen. Ein spannender und stets überraschender Mainstream-Ausreißer, der von Indeed Film neben einer regulären Veröffentlichung auch als limitiertes Mediabook auf den Markt gebracht wurde. Diese hochwertige Limited Edition verfügt neben dem Hauptfilm auf Blu-ray und DVD noch über ein 60-seitiges Booklet, in dem eine Leseprobe des Romans, Illustrationen, Storyboards und ein Essay untergebracht sind. Hinzu gesellt sich ein gutes Stündchen Bonusmaterial.
„Vampires vs. the Bronx“
(USA 2020)
Beschließen wir das Ganze mit einem familienfreundlichen Grusler aus der NETFLIX-Abteilung. Ein sympathischer FSK 12-Kandidat, der irgendwo zwischen „Fright Night - Die rabenschwarze Nacht“, „Attack the Block“, „The Lost Boys“ und „ES“ hin- und herschwappt. Generell scheint diese Teenie-Trupp-Retro-„Stranger Things“-Welle ja noch lange nicht abzuklingen, weshalb mich diese Tatsache zu zwei weiteren Empfehlungen verleitet: Sollten Euch zufällig die Filme „Summer of 84“ oder „Super Dark Times“ mal unter die Augen kommen… UNBEDINGT ANSCHAUEN!
So, jetzt geht’s aber ab in die Bronx: Diese hat wahrlich schon bessere Zeiten gesehen und es schließt ein Laden nach dem anderen. Der Strukturwandel ist in vollem Gange und es sieht danach aus, als wäre der notgedrungene Verkauf von Tonys kleinem „Bodega“-Shop nur eine Frage der Zeit. Eine Tatsache mit der sich die Jungs Miguel (Jaden Michael), Bobby (Gerald W. Jones III) und Luis (Gregory Diaz IV) nicht abfinden wollen. Sie verteilen Flugblätter im Viertel, um ihrem väterlichen Freund Tony (Joel „The Kid Mero“ Martinez) mit einer Spendenaktion finanziell unter die Arme zu greifen. Das gefällt zwar der bildhübschen, frisch zugezogenen Vivian (Sarah Gadon), nicht aber dem windigen Makler Frank Polidori (Shea Whigham), der die Firma Murnau Properties (na, klingelt’s schon?) vertritt. Murnau Properties drängt sich regelrecht mit Gewalt in die Bronx und kauft nicht nur Ladenlokale auf, sondern bringt auch die Mieter dazu, sich nach und nach aus der liebgewonnenen Heimat zu verabschieden. Und wer nicht freiwillig geht, bei dem wird nachgeholfen. Da wir hier aber nicht bei der Mafia sind, werden keine Finger gebrochen oder Kniescheiben zertrümmert, nein… in der feinen Gesellschaft knuspert man an Hälsen und süffelt frisches Blut. Die Bezeichnung „Blutsauger“, die sich am Leid der Schwächeren laben, ist hier nämlich wortwörtlich zu verstehen und nicht nur ein Synonym für ein raffgieriges Bauunternehmen. Miguel wird eines Abends Zeuge einer solchen Knabber-Aktion und kann zuerst seinen Augen nicht trauen. Die Hinweise verdichten sich jedoch und wenigstens seine Freunde Bobby und Luis kann er von der Existenz der Vampire überzeugen. Aber was ist mit dem Rest der Nachbarschaft?
Machen wir uns nichts vor… „Vampires vs. the Bronx“ erfüllt so ziemlich jedes gängige Klischee über Vampire, zeigt Genre-Freunden nicht wirklich etwas Neues, hat fürchterliche Spezialeffekte, die – wenn sie mal zu sehen sind – gruseliger sind als der ganze Film, ist für einen Vampir-Film ziemlich blutarm und auch nicht jeder Gag zündet da, wo er es sollte. Warum Ihr ihn trotzdem schauen solltet? Weil er das Herz am rechten Fleck hat… und da lässt sich trotz angesprochener Mängel kein Pflock hineintreiben. Die jungen Darsteller machen ihre Sache gut und Sarah Gadon („Die Sehnsucht der Falter“, „Dracula Untold“, „Empörung“) ist einfach nur WOW! Außerdem verpackt Regisseur Osmany Rodriguez, der zusammen mit Blaise Hemingway auch das Drehbuch schrieb, das Thema Gentrifizierung gleichzeitig mahnend und anhand des Blutsauger-Vergleichs auch augenzwinkernd in ein sympathisches Teenie-Abenteuer. Für einen Familien-Abend auf der Couch also bestens geeignet.
Abgesang:
Satan in der Hölle, ich könnte stundenlang weitere tolle Beispiele aus dem weltweiten Horror-Fundus aufzählen, aber nächstes Jahr gibt’s ja wieder ein neues Halloween… Bleibt bis dahin gesund, lest Bücher, schaut Filme, schaut Serien, spielt Spiele, lernt Fremdsprachen (Klingonisch oder Elbisch), singt (klingonische oder elbische Lieder), frohlocket und… macht TikTok-Videos.
Titel-Motiv Halloween-Kürbis: istock.com/darioZg
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