Kampf der Welten + Der jüngste Tag

Film-Besprechung von Marcel Scharrenbroich

Ankunft in 3… 2… 1…

Nanüchen, was kommt denn da angeschwirrt? Da staunen die Einwohner einer kalifornischen Kleinstadt aber nicht schlecht, als plötzlich eine Art Meteorit in der Pampa einschlägt. Ja, Meteorit… zu der Erkenntnis kommen auch die herbeigeeilten „Experten“ recht schnell. Ein wenig Flatterband zur (vergeblichen) Abschreckung von schaulustigen Passanten, die schnell ein Foto von dem Klötzchen aus dem All schießen wollen, fertig ist die Sicherung der Einschlagstelle. So ein bisschen Radioaktivität hat auch noch keinem geschadet, denn der Geigerzähler des zufällig durchreisenden Dr. Clayton Forrester (Gene Barry) geht in Richtung des All-Brösels ordentlich steil. Pah, ein waschechter Kalifornier aus den Fuffzigern kann das ab. Locker! Was er aber nicht abkann, zeigt sich bereits in der folgenden Nacht.

Während man in einer örtlichen Lokalität beim Bierchen das Tanzbein schwingt - und der Doc an der hübschen Sylvia (Ann Robinson) rumbaggert - halten drei Einheimische am Ort des Geschehens Wache. Viele dumme Ideen begannen mit den Worten „Lass mal hingehen“. So auch die Idee, den- oder diejenigen mit einem weißen Fähnchen zu begrüßen, die da plötzlich aus dem Kiesel rausgucken. Nachdem der vermeintliche Meteor sich geöffnet hat, fährt eine Art Periskop heraus und scheint die Umgebung zu begutachten. Einer der drei Profis ist sich ziemlich sicher, dass das dampfende Teil vom Mars gekommen sein muss. Ja, woher auch sonst? Liegt ja quasi direkt nebenan. Zum Fragen kommt der Gute aber nicht wirklich, da der Bewohner des Steinchens nicht lange fackelt und die drei Herren in das pulverisiert, was in einen handelsüblichen Aschenbecher passen würde. „Mars-Strahlen“ hätte er wohl gemutmaßt, wenn er nicht so mit dem Zerfall in seine Atome beschäftigt gewesen wäre. Tja, unschöne Geschichte… und der Auftakt für einen vernichtenden Angriff!

Ein glänzendes Raumschiff schält sich aus der steinernen Pelle und setzt der eilig zusammengetrommelten Armee ordentlich zu. Bei einem Schiff bleibt es aber nicht und schon bald trödeln zahlreiche Zerstäuber brutzelnd durch die kalifornischen Straßen. Es bricht ein ähnliches Chaos aus, als wenn Pandemie-bedingt das Scheißhauspapier knapp zu werden droht. Also UNBESCHREIBLICHES Chaos. Und es stellt sich heraus, dass der Ami nicht die alleinigen Rechte auf eine gepfefferte Alien-Invasion hat. Überall auf der Welt geschieht Ähnliches. Unzählige Schiffchen zerlegen im Schneckentempo die Metropolen. Der „Kampf der Welten“ ist im vollen Gange!

Licht am (Film-)Himmel

Die Fünfziger des letzten Jahrhunderts waren die Blütezeit des „modernen“ Science-Fiction-Films. Der sogenannte Roswell-Zwischenfall von 1947 war daran nicht ganz unbeteiligt, hält sich doch bis heute die Vermutung, dass nahe der Kleinstadt im US-Bundesstaat New Mexico eine fliegende Untertasse abgestürzt sei. Seitdem wurde dies unzählige Male in Filmen, Serien, Büchern und Comics thematisiert. Dass enorm viele Leute über Jahrzehnte darauf anspringen - und ähnlich wie Fox Mulder „glauben wollen“ - scheint in unserer Natur zu liegen. Es wäre ja auch vermessen, zu denken, dass wir allein da draußen wären… oder? 1938 reichte schon ein simples Radiohörspiel aus, um eine Massenhysterie hervorzurufen. Basierend auf dem 1898 veröffentlichten Roman „The War of the Worlds“ von H. G. Wells (in Deutschland 1901 als „Der Krieg der Welten“ erstveröffentlicht), setzte der Oscar-prämierte Schauspieler, Regisseur und Autor Orson Welles („Citizen Kane“) das Werk am Vorabend von Halloween als fiktive Reportage für den Sender CBS um. Glaubt man den Berichten, brach in nicht wenigen Haushalten die blanke Panik aus, als aus den Radios vor angriffslustigen Aliens gewarnt wurde, die sich gerade *piu-piu* durch die Städte ballerten.

1950 war es die Zusammenarbeit zwischen dem Studio Paramount und dem aufstrebenden Produzenten George Pal, die dem Sci-Fi-Hype neuen Schub versetzte. „Endstation Mond“ (1950, basierend auf einer Geschichte von Robert A. Heinlein) und „Der jüngste Tag“ (1951… dazu später mehr) waren volle Erfolge und räumten jeweils den Oscar für die besten Spezialeffekte ab. Noch bevor Paramount sich Mitte der 50er wieder vom Genre entfernte, produzierte George Pal mit dem Regisseur Byron Haskin („Die Schatzinsel“) 1953 „Kampf der Welten“, für den man H. G. Wells‘ Roman als Blaupause nahm. Zeitlich eh um ein halbes Jahrhundert verschoben und vom Vereinten Königreich ins sonnige Kalifornien verlegt, hat man den Invasoren auch gleich einen schnittig-modernen Anstrich verpasst. Die Manta-ähnlichen Fluggeräte könnten nicht weiter von Wells‘ Dreibeinern entfernt sein, die man in ihrer ursprünglich angedachten Form immerhin in Spielbergs Neuverfilmung aus dem Jahr 2005 bestaunen konnte. So weit reichten die technischen Möglichkeiten dann 1953 doch noch nicht. Diese Tatsache soll aber nicht schmälern, dass der „Kampf der Welten“ für die damalige Zeit beeindruckende Bilder präsentierte. Tricktechniker Gordon Jennings („Dr. Zyklop“, „Piraten im karibischen Meer“, „Samson und Delilah“) nutze großartige Sets, um die Invasion explosiv in Szene zu setzen. Die Spezialeffekte verschlangen gut zwei Drittel des gesamten Budgets von (damals astronomischen) 2 Millionen US-Dollar. Die Mühe wurde 1954 mit einem Oscar prämiert, den Jennings aber nicht mehr entgegennehmen konnte. Er verstarb bereits im Vorjahr.

Nun mag am „Kampf der Welten“ aus heutiger Sicht vieles naiv wirken. Ich gebe zu, dass ich bei der Sichtung selbst mehrmals geschmunzelt und die Augen verdreht hab, doch man muss seine Sehgewohnheiten natürlich ein wenig kalibrieren. Tempo, Schauspiel, Dramaturgie, all das ist nicht vergleichbar mit dem, was heutzutage der Standard ist. Als filmisch geprägtes Kind der 80er und 90er muss ich aber anmerken, dass sich selbst seit dieser (persönlichen) Blütezeit die Filmlandschaft wieder mehrfach gedreht hat. „Kampf der Welten“ aber ein Kind seiner Zeit zu nennen, wäre mir dann doch zu einfach… und irgendwie auch nicht fair. Die Tricktechnik steckte noch in den Kinderschuhen und von Effekten à la „Krieg der Sterne“ war man noch ziemlich genau zweieinhalb Dekaden (rechnet es selber aus) entfernt. Stellt man die Ansprüche mal zurück auf den „Unvoreingenommen“-Pegel, bekommt man über 85 Minuten einen wegweisenden Genre-Klassiker in nie dagewesener Qualität (auch dazu später mehr…) präsentiert.

Aufprall in 3… 2… 1…

Damit ist das Ende der George-Pal-Fahnenstange aber noch nicht erreicht. Zwei Jahre VOR dem „Kampf der Welten“ produzierte er, wie bereits kurz erwähnt, „Der jüngste Tag“ (OT: „When Worlds Collide“). Der Originaltitel trifft dann den Nagel auch so ziemlich auf den Kopf, denn die Klumpen, die sich hier mit rasender Geschwindigkeit unserem blauen Planeten nähern, sind ein paar Nummern größer als die Transport-Steinchen der Aliens…

Ein ganzer Planet nähert sich der Erde! Der Astronom Emery (in der deutschen Fassung heißt der gute - warum auch immer - „Michael“) Bronson (Hayden Rorke) entdeckt das Phänomen in seinem Observatorium und ist gleich alarmiert. Der tollkühne Flieger David Randall (Richard Derr), dessen Ego nur mit etwas Quetschen ins Cockpit passt, soll die Forschungsunterlagen vom eingedeutschten Emery schleunigst nach New York bringen. Klingt logisch, denn wenn jemand Welten bewegen kann, dann wohl der Ami. *hier musste ich das Schreiben für einen gepflegten Lachanfall unterbrechen und entschuldige mich an dieser Stelle für die Pause* Der Konfrontationskurs des Zyra getauften Planeten erweist sich als korrekt. Die gute Nachricht: Zyra wird wohl haarscharf an der Erde vorbeibrettern, was lediglich Erdbeben, Überschwemmungen, Vulkanausbrüche und anderen katastrophalen Scheiß mit sich bringt. Die schlechte Nachricht: Zyra hat einen Stern namens Bellus im Handgepäck, der dann voll reinzimmert. Bedeutet in der fachlich korrekten Definition: Finito, schönen Nachmittag noch.

Während unser Draufgänger David selbst in Armageddons Angesicht noch an der leckeren Joyce (Barbara Rush) rumschraubt, tüftelt ihr Dad Dr. Cole Hendron (Larry Keating), der leitende Wissenschaftler bei diesem Weltuntergangs-Problemchen, fieberhaft an einer Lösung. In Rekordzeit will man ein Raumschiff bauen, welches ausgewählten Passagieren einen Freiflug nach Zyra ermöglichen soll. Die erdähnlichen Bedingungen sollen den Fortbestand der Menschheit sichern. Eine Arche Noah für die Privilegierten. Der Countdown läuft… dann hebt er ab, und… UND JETZT ALLE!!!

Völlig losgelöst

Der Science-Fiction-Katastrophen-Klassiker basiert auf dem Roman „Wenn Welten zusammenstoßen“ (unter anderem 1970 und 1982 bei HEYNE erschienen) von 1933. Geschrieben wurde er von Philip Wylie und Edwin Balmer. Wylie hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon als Pulp-Autor einen Namen gemacht, während Balmer, ein ehemaliger Reporter, Herausgeber des Genre-Magazins „Redbook“ war. 1934 verfassten die beiden Autoren noch die Fortsetzung „After Worlds Collide“, welche hier wiederum unter dem Titel „Auf dem neuen Planeten“ (HEYNE) erschien. Diese Fortsetzung setzte dann vollends auf die Sci-Fi-Schiene, während der Vorgänger bis auf das Ende eher dem Katastrophen-Genre zugeordnet werden darf. Eine Verfilmung war seitens George Pal sogar angedacht, wurde nach dem Kassenflop „Die Eroberung des Weltalls“ (1955) jedoch schnell wieder verworfen.

Der ursprüngliche Roman kann als Blaupause bezeichnet werden, denn von „Flash Gordon“ (1936/1980) über „Meteor“ (1979) bis hin zu „Armageddon“ (1998), „Deep Impact“ (1998), von Triers „Melancholia“ (2011), „Don’t Look Up“ (2021) oder „Moonfall“ (2022) spielten Filmemacher (und Autoren) immer wieder mit dem Gedanken, was passieren würde, sollte die Menschheit im Angesicht einer solch apokalyptischen Gefahr den Arsch zukneifen.

„Der jüngste Tag“ verfügte für die damalige Zeit ebenfalls über beeindruckende Spezialeffekte. Wie bereits erwähnt, gab es dafür1952 den wohlverdienten Oscar, den Gordon Jennings immerhin noch in Empfang nehmen konnte. Mit den heutigen Sehgewohnheiten kann der Film nicht mehr konkurrieren, was auch verwunderlich wäre. Miniaturen sind nur allzu deutlich als solche zu erkennen und sichtbare Fäden konnten nicht einfach in der Post-Produktion wegretuschiert werden. Obwohl nur zwei Jahre zwischen „Der jüngste Tag“ und „Kampf der Welten“ liegen, fällt klar auf, welche großen Schritte die Spezialeffekte in dieser kurzen Zeit gemacht haben. In Zeiten, wo computergenerierte Effekte aber qualitativ wieder auf dem Rückmarsch sind und nur noch zählt, Produktionen möglichst schnell und kostengünstig mit hingerotzten CGI-Bildern zu verschandeln, sind handgemachte Nostalgie-Flashbacks fast schon eine entschleunigende Wohltat fürs Auge. Vergleicht mal Peter Jacksons „The Frighteners“, „Der Herr der Ringe“, Verhoevens „Starship Troopers“ oder die ersten „Harry Potter“-Filme mit aktuellen Produktionen des Marvel Cinematic Universe oder DCs „The Flash“. Als hätte Hollywood verlernt, wie man Geschichten erzählt. Statt unterstützend zur Glaubwürdigkeit der Story beizutragen, überlässt man schlecht gerenderten Bildern gleich ganz den Steuerknüppel. Wer hätte gedacht, dass praktische Oldschool-Effekte und frühes Kinderschuh-CGI der „modernen“ Technik mal ordentlich ins Kreuz treten…

(Tchni)color of Magic

Dass der technische Fortschritt aber auch sehr gut eingesetzt werden kann, sieht man vor allem an der 4K-Umsetzung von „Kampf der Welten“. Hier hat man sich ordentlich ins Zeug gelegt, um diesen Klassiker wortwörtlich neu erstrahlen zu lassen! Das Ultra-HD-Bild (in Dolby Vision und HDR10+) sieht einfach nur fantastisch aus. Kräftige, satte Farben und ein stimmiges Gesamtbild. Selten sah Technicolor schöner aus. Der hohe Detailgrad hat mich regelrecht umgehauen! Für die Laserstrahlen der Marsianer hätte man fast schon eine Sonnenbrille beilegen können. Man kann hier ungelogen von einer der bislang schönsten Klassiker-Restaurationen sprechen. Lediglich der deutsche Ton (Dolby Digital 2.0 Mono) stinkt im Gegensatz zur Original-Tonspur (DTS HD Master Audio 5.1 Surround) ab.

„Der jüngste Tag“ erscheint dagegen fast schon als Bonus-Anhängsel, was dem Film gegenüber natürlich nicht gerecht wäre. Dieser liegt dem Set „lediglich“ als Blu-ray bei, doch selbst die kann sich sehen lassen. Auch hier überzeugt die Schärfe. Die eher erdigen Farben kommen gut zur Geltung. Hatte die Erstauflage des Sets im DigiPak bei „Der jüngste Tag“ noch einen groben Tonfehler, bei dem die letzten Minuten des Films asynchron zum Bild liefen (was seitens Paramount schnell und vorbildlich mit einer Austausch-Disc korrigiert wurde), läuft man bei der aktuell erhältlichen Keepcase-Variante nicht Gefahr, eine fehlerhafte Auflage zu erwischen. Dort ist generell die überarbeitete Blu-ray enthalten.

Hat jene Blu-ray lediglich den Original-Trailer zu „Der jüngste Tag“ an Bord, trumpft das Bonusmaterial zu „Kampf der Welten“ überraschend stark auf. Wir haben zwei Audiokommentare (einer mit den beiden Hauptdarstellern Gene Barry und Ann Robinson, der andere mit Regisseur Joe Dante („Gremlins“, „Die Reise ins Ich“, „Meine teuflischen Nachbarn“), dem Film-Historiker Bob Burns und dem Autor Bill Warren („Keep Watching the Skies!“), Featurettes über die Produktion des Films und über den Autor H. G. Wells, das Original-Radiohörspiel von Orson Welles und selbstverständlich den Original-Kinotrailer. Ein FSK-freies Wendecover ist ebenfalls vorhanden.

Fazit

Wer auf klassische Science-Fiction steht und über eine 4K-Ausstattung verfügt, kommt an diesem George-Pal-Doppeldecker nur schwer vorbei. „Kampf der Welten“ wurde nahezu perfekt restauriert. Und ist man erstmal in Nostalgie-Stimmung, kann man den nicht minder unterhaltsamen Streifen „Der jüngste Tag“ gleich noch hinterherschieben. Somit steht einem gepfeffert und gesalzenem Weltuntergangs-Abend nichts mehr im Wege. Happy Apocalypse!

Wertung: 8

Bilder: © Paramount

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