Clive Barker:
Die Hellraiser Trilogie
Phantastik-Couch Spezial von Marcel Scharrenbroich
„Hellraiser“ (Großbritannien, 1987)
Auf einem orientalischen Basar ersteht Frank Cotton (Sean Chapman) einen mysteriösen Gegenstand, dem fortan seine vollste Aufmerksamkeit gilt. Ein Würfel. Seine Herkunft: unbekannt. Seine Kraft: unvorstellbar. Zurück in der Zivilisation nistet sich Frank im leerstehenden Haus seiner verstorbenen Eltern ein und beginnt, den geheimnisvollen Würfel zu entschlüsseln. Reich verziert mit goldenen Beschlägen und kryptischen Symbolen, birgt die Box einen verschlüsselten Mechanismus. Als es Frank schließlich gelingt, den Würfel …die Box …manche nennen sie Spieluhr …zu aktivieren, beginnt das Objekt sich zu verformen. Nach einigem Drehen und Wenden beginnt es, die einzelnen, versetzten Elemente wieder ineinander zu schieben. Das Ergebnis ist fatal. Mit dem Öffnen des Würfels offenbart sich ein Portal in eine andere Welt. Eine andere Dimension. Eine Dimension unvorstellbarer Schmerzen und höllischer Qualen. Frank ist nicht mehr allein auf dem verlassenen Dachboden des alten Hauses. Er hat unsere Welt für die Botschafter der Hölle geöffnet und ihnen ungewollt den blutroten Teppich ausgerollt. Plötzlich schießen pfeilschnell Ketten aus dem Nichts und zerren Franks Gliedmaßen in alle Himmelsrichtungen. Mit dem Lösen der Puzzlebox qualifiziert sich Frank für die höllischen Machenschaften der Dämonen, die nach seinem Fleisch gieren …und disqualifiziert sich für ein weiteres irdisches Dasein. Schmerzensschreie tönen durch das ganze Haus …dann Stille. Blutige Fleischbrocken übersäen den Boden und rasselnde Ketten, die die Ruhe durchbrechen, hängen von der Decke. Dann betreten SIE die Bühne …die Zenobiten. Bleich, bizarr deformiert und in schwarze, lederne Gewänder gehüllt. Mit martialischen Gerätschaften behängt und mit offenen, klaffenden Wunden an ihren Leibern treten sie aus dem Schatten heraus. Ihr Anführer (Doug Bradley) – eine kahlköpfige, dämonische Gestalt, dessen Schädel bis über das Gesicht mit Nägeln übersät ist – blickt auf Franks zerfetzte Überreste, während er die Einzelteile des Gesichts seines Opfers auf dem Boden zusammenschiebt. Dann versetzt er den Würfel in seinen ursprünglichen Zustand und der Spuk ist vorbei. Der Dachboden ist wieder verlassen. Alles ist fort. Das Blut, die Ketten, die Zenobiten …Frank.
Ruhe kehrt ein in Frank Cottons Elternhaus …bis sein Bruder Larry (Andrew Robinson) mit seiner Ehefrau Julia (Clare Higgins) beschließt, dort einzuziehen. Larry, der mit seiner gutmütigen und eher biederen Art das genaue Gegenteil zu seinem draufgängerischen Bruder darstellt, ahnt noch nicht von den Vorkommnissen, die sich unter dem Dach seiner neuen, alten Heimat abgespielt haben. Seine Tochter aus erster Ehe, Kirsty (Ashley Laurence), hat es vorgezogen, sich ein eigenes Zimmer Außerhalb zu suchen. Das Verhältnis zwischen ihr und Daddys neuer Ehefrau könnte man untertrieben als angespannt bezeichnen. Recht schnell entdecken die Neuankömmlinge, dass dort erst kürzlich jemand gewohnt haben muss und sich notdürftig und sporadisch einquartiert hat. Larrys Verdacht, dass es sich dabei um seinen Bruder gehandelt haben muss, täuscht ihn nicht. Was der ahnungslose Mann aber nicht weiß, ist, dass seine Gattin doch einst eine heftige Affäre mit Frank hatte. Bei einem Rundgang durchs neue Domizil erinnert sich Julia an die gemeinsame, intensive Zeit. Als Larry sich bei den Umzugsarbeiten an der Hand verletzt und eine klaffende Wunde davonträgt, taumelt er zu seiner Frau, die gerade auf dem schicksalshaften Dachboden in Erinnerungen schwelgt. Blut tropft aus der Wunde auf die Holzdielen. Es sickert durch den Boden, der einst Franks zerstückelte Überreste beherbergte. Dann geschieht das Unglaubliche: Durch das Blut fängt der Körper des in die Hölle Verdammten sich an zu materialisieren. Eine bizarre Metamorphose beginnt. Schreiend erhebt sich eine Kreatur, die nur entfernt an ein menschliches Wesen erinnert. Frank ist zurück. Geflohen aus der Dimension der unendlichen Qualen. Jedoch erinnert bislang nur wenig an den stattlichen, kernigen Kerl von früher. Spärlich bedeckt verwestes Fleisch seine maroden Knochen, als Julia die glitschig-glänzende Gestalt kriechend auf dem Dachboden vorfindet. Diese teilt der sichtlich verstörten Frau mit, dass sie ihre Hilfe braucht, um wieder zu dem Mann zu werden, den Julia einst liebte …und es auch heute noch tut. Larry ist ein Witz, eine weichgespülte Version des taffen Frank, ein Abziehbild …und so ist es kaum verwunderlich, dass die ihm hörige Julia in dessen perfiden Plan einwilligt. Er braucht Blut. Viel Blut, um sein Äußeres wieder herzustellen. Blut, dass die laszive Julia ihm besorgen soll. Ahnungslose Männer um den Finger zu wickeln ist kein Problem für die skrupellose Femme Fatale und so beginnt sie ihre blutige Jagd. Einmal in die verhängnisvolle Falle gelockt, beginnt der degenerierte Höllen-Flüchtling den ihm dargebrachten Opfern den Lebenssaft auszusaugen, bis nur noch verstümmelte, leblose Hüllen übrigbleiben.
Kirsty, die zufällig beobachtet, wie Julia neuen Nachschub ins Haus lockt, folgt ihrer männermordenden Stiefmutter und wird auf dem Dachboden ebenfalls mit ihrem Onkel konfrontiert. Glänzendes, blutiges Fleisch spannt sich mittlerweile über seine Knochen und sein hautloses Äußeres lässt bereits wieder menschliche Züge erahnen. Die schockierte Kirsty begreift bei einem Handgemenge, dass der Würfel eine wichtige Rolle für Frank spielen muss und kann mit ihm entkommen, bevor sie selbst zum Opfer ihres monströsen Onkels wird. Erschöpft und traumatisiert bricht sie bei ihrer Flucht zusammen. Als sie im Krankenhaus erwacht, beginnt sie selbst an der Puzzlebox zu hantieren und es gelingt ihr tatsächlich, das Portal ins Qualen-Reich erneut zu öffnen. Nach einem kurzen Einblick in die labyrinthartige Welt der Dämonen glaubt sie sich in Sicherheit …bis die gerufenen Gestalten auch vor ihr erscheinen. Der nagelköpfige Anführer ergreift das Wort und offeriert Kirsty, dass sie, die Zenobiten, Forscher von Lust und Schmerz seien, die mit sinnlichen Erfahrungen experimentieren. Auch sie soll nun in den Genuss dieser Behandlung kommen. Doch Kirsty schlägt dem Höllen-Priester einen sehr verlockenden Handel vor …
Fotos: © Turbine Medien GmbH
Neue Kommentare