Schattenpfade
- Heyne
- Erschienen: Januar 2009
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Emotional geladene Story im Mittelalter-Flair
Wynter und ihr Vater Lorcan kommen nach Hause. Lange müssen sie als Hohe Protektoren vor dem Tor warten. Selbst eine Katze spricht nicht mehr mit Wynter, der ehemaligen königlichen Katzenhüterin. Etwas ist faul im Staate. Wynter trifft ihren - seltsam reagierenden - Lieblingsgeist. In der Küche sieht sie nach fünf Jahren in der Fremde ihre Ziehmutter und Razi, den Königssohn, mit dem sie wie ein Bruder aufgewachsen ist, wieder. Doch alle tuscheln nur vorsichtig hinter vorgehaltener Hand. Weil ihr Vater im Norden sehr krank geworden war, muss sie jetzt Repräsentationspflichten wahrnehmen. Sie begegnet dem windigen Christopher, Razis bestem Freund. Zu dritt versuchen sie, hinter das Geheimnis der Veränderungen zu kommen. König Jonathon hat sich von einem liebevollen Vater für Kinder und Land zu einem Despoten entwickelt. Der Thronerbe und geliebte Freund und Bruder Alberon ist verschwunden. Der König lässt alles vernichten, was an ihn erinnern könnte. Grauenvolle Dinge geschehen im Keller des Schlosses und überall im Land. Gleichzeitig müssen sie sich um Wynters kranken Vater kümmern. Am Ende trennen sich Wynter, Razi und Christopher, und jeder geht seinen eigenen Weg.
Innigkeit und Emotionen
Ganz am Anfang gibt es ein Aha-Erlebnis. Kiernan versteht es meisterlich, Situationen emotions- und stimmungsgeladen zu interpretieren. Die Gefühlswelten, die sie durch den gesamten Roman hindurch beschreibt, haben es in sich. Die Protagonisten wachsen in dem Buch, werden reifer und kommen zu Entscheidungen. Sie hat die Charaktere liebevoll angelegt, aber auch ihre ambivalenten Seiten nachvollziehbar beschrieben. Eine Entscheidung lässt sie Razi wieder zurücknehmen, schade. Es hätte einen guten Konflikt geben können, wäre er konsequent dabei geblieben. Innigkeit und Sensibilität machen den Wert des Romans aus. Wer gerne in Gefühlswelten wandert, ist mit diesem Roman gut beraten. Er erinnert in seiner Intensität an andere irische Bestsellerautoren wie an den Klassiker von Frank McCourt "Die Asche meiner Mutter".
Wer allerdings lieber Action mag und eine ausgereifte Fantasy-Welt, der sollte es lassen. Zeitweise wird das Buch zäh. Spätestens, wenn zum dritten Mal beschrieben wird, was für ein wunderbarer Mensch der kranke Vater Lorcan ist und wie sehr ihn Wynter und Razi, später auch Christopher, lieben, wird es langweilig. Das passiert aber nicht nur dreimal, sondern dreißigmal oder öfter. Ähnliches gilt für die Beschreibung der innigen Freundschaft, die sie verbindet. Der Leser wartet immer, dass endlich etwas geschieht. Das kommt dann glücklicherweise auch noch, aber viel zu langatmig.
In Kiernans Welt finden wir sprechende Katzen und Geister. Der König hat verboten, mit beiden Spezies zu sprechen bzw. sie wahrzunehmen. Das ist es dann auch. Der Roman könnte auch ein normaler Mittelalter-Roman sein. Eine Katze und Rory Shearing, der Geist, fungieren in den Rollen als Führer und Spion. Also zwei Gestalten, die nicht zwingend Fantasy-Gestalten sein müssten. Kiernan legt viel Wert auf höfische Etikette, beschreibt eindrücklich die verschiedenen Gesichter und Masken, die die Personen in unterschiedlichen Situationen aufsetzen. Wer an feinsinnigen und auch groben Intrigen Gefallen findet, ist mit dem Roman gut beraten.
Celine Kiernan, Heyne
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