Die strahlende Stadt
- Blanvalet
- Erschienen: Januar 2009
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Aufruhr im Königshaus
Rhiannon vertraut darauf, dass ihr Gerechtigkeit widerfährt. Doch das erste Drama geschieht schon, als sie in Lucescere, der Hauptstadt, ankommt und sie für den Mord an einem beliebten Yeoman aus der königlichen Garde verhaftet wird. Sie wird in das schreckliche Mörderverlies verfrachtet, bis sie später in den komfortableren Turm, der trotzdem für ein Steppenkind grausam ist, umziehen darf. Während sie monatelang auf ihren Prozess warten muss, geschehen am Königshof und in der Stadt seltsame Geschichten.
Parallel begleitet das Buch die drei Königsgeschwister Olwynne, Owein und Donncan sowie seine Verlobte Bronwen. Alle haben besondere, teils geheimnisvolle Erlebnisse. Das Königspaar Lachlan und Iseult ist beunruhigt. Dunkle Träume quälen einige Hauptstädter. Isabeau, die Bewahrerin des Schlüssels und damit ranghöchste Hexe im Reich, versucht, Licht in das Dunkel zu bringen. Der Laird von Fettercairn, ebenfalls inhaftiert, schickt seine weise Frau in die Stadt, um Intrigen zu spinnen und sein unheilvolles Ziel zu erreichen. Lewen, Knappe, Hexenlehrling und Rhiannons Liebster, entdeckt auf einmal seine Liebe zu seiner Kinderfreundin Olwynne.
Zwischen Weitschweifigkeit und enormer Spannung
Dieser Roman ist die nahtlose Fortsetzung des "Turm der Raben" aus der Trilogie "Rhiannons Ritt" und auch nur zu verstehen für Leser, die den ersten Band kennen. Obwohl er durch seine atmosphärisch dichte Welt eindeutig der Fantasy zu zuordnen ist, finden wir viele Szenen, die eher dem Genre Horror zu zuschreiben wären. In diesem zweiten Band noch mehr als im ersten. Nach dem spektakulären Tod der Nyx, einem Fabelwesen, das für die Geschicke des Reiches Schutz spendende Artefakte herstellen konnte und dem Anfang mit Rhiannon im Mörderverlies, wird erst mal nicht klar, was Forsyth mit dem Erzählen vieler anderer Geschichten und mit den Begegnungen vieler anderer Charaktere vor hat. Das ist manchmal nicht recht schlüssig und fördert beim Leser Ungeduld. Forsyth gibt sich mit dem Beschreiben von Figuren und Schauplätzen viel Mühe und kann dabei eine gewisse Weitschweifigkeit nicht verhindern. Nach dem spannenden ereignisreichen Anfang braucht der Leser ein gutes Erinnerungsvermögen, um klar zu sehen, wer wer war und wie er in das hierarchische System eingebunden ist. Welche Rolle jede einzelne Szene im Gesamtverlauf spielt, ist während des Lesens nicht immer klar erkennbar.
Tempo und enorme Spannung bekommt das Buch auf den letzten 200 Seiten. Dann macht das Lesen wirklich Freude. Die vielen Handlungsstränge und Personen bekommen ihr Gesicht. Die Ereignisse überschlagen sich, und es gibt ein ständiges Hin und Her zwischen Gefängnisturm, Königshof und Hexenschule. Und endlich weiß der Leser, was gemeint ist.
Sehr gut sind Forsyth einige ambivalente Charaktere gelungen, wie die Prinzessinnen Olwynne und Bronwen. Dafür erscheint der Lord von Fettercairn, der die treibende Kraft der Gegenwart ist, ziemlich blass. Auch die anderen "Bösen" werden in ihren Motiven und Ambitionen vernachlässigt. Das ist schade.
Was auffällt ist in diesem Band wieder der Wortschatz von Rhiannon. Teils wird sie dargestellt als das ungebildete Steppenmädchen, andererseits verwendet sie Wörter aus der gehobenen Literatursprache. Ob das nun im englischsprachigen Original auch so ist oder ob die Übersetzerin diesen Umstand nicht beachtet hat, kann ich nicht nachvollziehen. Dieser zweite Band erscheint schwächer als der erste, gewinnt aber durch den Schluss. Da dieser Roman dramatisch und konfliktreich zu Ende geht, werden sicherlich viele ungeduldig auf den dritten Band "Das Herz der Sterne", der Mitte Juli erscheint, warten.
Kate Forsyth, Blanvalet
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